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Sonntag, 01.05.2022

Wer muss Fixkostenzuschüsse zurückzahlen?

Gastkommentar. Wie mit Zuschüssen an Geschäftsraummieter umzugehen ist, die keinen Zins zahlen mussten, ist noch vielfach ungeklärt.

Wien. Seit der Oberste Gerichtshof (OGH) entschieden hat, dass für die Zeit der Covid-bedingten behördlichen Betretungsverbote betroffene Geschäftsraummieter keine Miete zu zahlen hätten, wird eine Folgefrage diskutiert: Müssen die von der Cofag (Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes) gewährten Fixkostenzuschüsse, die unter anderem auch für Mietzinszahlungen verwendet werden sollten, zurückgezahlt werden?

Die erzwungenen Geschäftsschließungen zogen Auseinandersetzungen um Mieten und Fixkostenzuschüsse nach sich.

Mitte Dezember hielt ein Sprecher der Cofag fest, dass das Gesetz in dieser Frage Klarheit geschaffen habe, was sowohl die Rückzahlungsverpflichtungen als auch die Schadensminderungspflichten von Geschäftsraummietern betrifft. Dem kann zumindest aus rechtlicher Sicht nicht gefolgt werden. Tatsächlich ist der Finanzminister gesetzlich ermächtigt, Richtlinien zu erlassen. Die letzte Verordnung datiert jedoch bereits vom Sommer 2021, wodurch die nunmehrigen von der Cofag verkündeten Regelungen einer rechtlichen Grundlage entbehren. Dafür müsste der Finanzminister eine neue Verordnung erlassen.


Auf den ersten Blick scheinen die Regelungen einfach: Rückforderungen der Cofag richten sich nur an Unternehmen, die während der Lockdowns monatliche Mieten von mehr als 12.500 Euro zu zahlen hatten. Unter diesem Betrag müssen Zuschüsse nur dann rückgeführt werden, wenn Mieter die Miete ganz oder teilweise vom Vermieter zurückerhalten haben.


Aber wie kommt man auf die Wertgrenze von 12.500 Euro? Besteht darüber hinaus eine Rückzahlungsverpflichtung gegenüber der Cofag, wenn ein Geschäftsraummieter drei Geschäftslokale betreibt, dessen Mietkosten mehr als 12.500 Euro betragen, der Mietzins für jedes einzelne Lokal jedoch darunter liegt? Dies konnte die Cofag auch auf Nachfrage nicht beantworten. Wie weit geht die Schadensminderungspflicht des Mieters, um den Vorgaben der Cofag gerecht zu werden?

„Rechtsstreit unzumutbar“

Ein Bericht des Finanzministeriums zum „Fixkostenzuschuss 800.000“ vom 2. Dezember 2021 sah noch vor, dass es einem Geschäftsraummieter unzumutbar sei, dafür einen Rechtsstreit mit unsicherem Ausgang mit dem Vermieter zu riskieren. Der OGH hat jedoch (in 3 Ob 184/21m) ausgeführt, dass Geschäftsraummieter eine Schadensminderungsobliegenheit gegenüber der Cofag treffe. Die Mieter seien also angehalten, Mietzinsminderungen gegenüber ihren Vermietern geltend zu machen. Auch die Cofag hielt in einer Presseaussendung fest, dass Mietzinsminderungen allenfalls auch gerichtlich durchzusetzen seien. Bedeutet das, dass Geschäftsraummieter mit monatlichen Mietkosten unter 12.500 Euro tatsächlich gerichtlich gegen ihre Vermieter vorgehen müssen, wenn diese ihnen während der Lockdowns den (vollen) Mietzins abverlangten?
Unterlässt der Mieter dies, erhält er kein Geld vom Vermieter zurück. Muss er dann auch nichts an die Cofag zurückzahlen? Nach den von der Cofag veröffentlichten Regelungen scheint es so zu sein. Dann hätte der Geschäftsraummieter allerdings überhaupt keinen Grund, aktiv zu werden. Dies umso mehr, als das Nichtbeschreiten des Gerichtswegs mit keiner Sanktion belastet ist. Die Verletzung der Schadensminderungspflicht wäre damit unbeachtlich.

Und wie steht es um jene Mieter, die während der Lockdowns einen Vergleich mit ihren Vermietern getroffen haben, oft auch in Kombination mit Zeiten der Betretungsbeschränkungen (3G, 2G, Abstandsregeln, Maskenpflicht)?
Von wissenschaftlicher Seite wurde dazu vertreten, dass jene Geschäftsraummieter, die sich während der Lockdowns mit ihren Vermietern verglichen hätten, um ihr Geld „umfallen“ würden, da ein Vergleich die Rechtslage bereinigte. Dies würde allerdings nur für Geschäftsraummieter mit Mietkosten über 12.500 Euro gelten. Nach der Entscheidung des OGH wäre dieser Ansicht wohl zu folgen, obwohl dies rechtspolitisch fragwürdig erscheint: Nicht nur würden diese Mieter ihre Zahlungen nicht refundiert bekommen, sie müssten darüber hinaus noch Rückzahlungen an die Cofag leisten.
Warum sollten aber Vermieter, die trotz fast einhelliger Meinung über das Recht auf Mietzinsminderung in allen Lockdowns auf die Mietzinszahlung, oft unter Drohung einer Räumungsklage, bestanden haben, jetzt belohnt werden? Denn Mieter mit Mietkosten unter 12.500 Euro werden nicht gegen sie vorgehen, da gerichtlich erstrittenes Geld ohnehin an die Cofag abzuführen wäre bzw. das Nichtbeschreiten des Gerichtswegs sanktionslos bleibt. Hingegen fallen entgegenkommende Vermieter um ihr Geld um, da nunmehr höchstgerichtlich festgestellt wurde, dass tatsächlich kein Mietzins zu zahlen war. Dies erscheint nicht nur unbillig, sondern auch sachlich nicht gerechtfertigt.

Sachliche Begründung gesucht

Letztlich wird sich vermutlich der Verfassungsgerichtshof mit einigen dieser Fragen zu beschäftigen haben. Der VfGH hat bereits eine Reihe von Covid-19-Maßnahmen als gesetzwidrig erkannt. Bei vielen Bestimmungen war nicht nachvollziehbar, welche Umstände die angefochtenen Maßnahmen erforderlich gemacht hatten. Ähnliches könnte nunmehr der Fall sein, da die von der Cofag festgelegte Grenze von Rückzahlungsverpflichtungen ab Mietkosten von mehr als 12.500 Euro weder begründet wurde noch sachlich gerechtfertigt erscheint. Die monatlichen Mietkosten sagen nichts über hohe oder niedrige Erträge von Unternehmen aus. Auch die Ungleichbehandlung von Vermietern, die keine staatliche Unterstützung erhielten, gegenüber Geschäftsraummietern und anderen Unternehmern wurde bisher nicht offen thematisiert. Damit würden entgegenkommende Vermieter alleine die Folgen der Lockdowns tragen. Ging die Politik von durchwegs reichen Vermietern aus, die auch ein bis zwei Jahre ohne Mietzins auskommen können?
Rechtlich erscheint es gut argumentierbar, mit Rückzahlungsen an die Cofag zumindest zuzuwarten, bis eine rechtlich konkrete und fundierte Grundlage erlassen wird oder die Höchstgerichte entschieden haben.

Mag. Bompard ist Rechtsanwaltsanwärter in der Doschek Rechtsanwalts GmbH.
veröff. Die Presse (Rechtspanorama), 24. Januar 2022