Erste inhaltliche Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im sogenannten "Diesel-Abgasskandal"
Der Oberste Gerichtshof verpflichtete den Fahrzeughändler zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückstellung des Fahrzeugs und sprach dem Händler ein Entgelt für die Nutzung des Fahrzeugs zu. Das Verfahren gegen die Fahrzeugherstellerin wurde wegen eines anhängigen Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof unterbrochen.
Der Kläger kaufte vom erstbeklagten KfZ-Händler im Jahr 2015 ein von der Zweitbeklagten hergestelltes Fahrzeug, das vom „Dieselskandal“ betroffen war. Das Fahrzeug war mit einer „Umschaltlogik“ ausgestattet, die für die Abgasrückführung einen Betriebsmodus für das Emissionsprüfungsverfahren mit einer relativ hohen Abgasrückführung und einen Betriebsmodus mit einer geringeren Rückführungsrate vorsah, der unter normalen Fahrbedingungen zum Einsatz gelangte. Die Installation eines von der Produzentin zur Verfügung gestellten Software-Update, durch die der emissionsmindernde Modus auch im realen Fahrbetrieb zur Anwendung kommen sollte, tatsächlich aber nur bei Außentemperaturen von 15 bis 33 Grad Celsius voll wirksam ist, lehnte der Kläger ab.
Er begehrte die Rückzahlung des Kaufpreises unter Abzug eines Nutzungsentgelts gegen Rückstellung des Fahrzeugs. Die Beklagten wendeten das Entgelt für die Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger als Gegenforderung ein.
Der Oberste Gerichtshof verpflichtete den Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückstellung des Fahrzeugs.
Die dem Kläger angebotene Installation des Software-Update hätte den Mangel aufgrund des programmierten „Thermofensters“ nicht beseitigt. Eine solche Abschalteinrichtung ist (unter anderem) nur zulässig, wenn sie notwendig wäre, um Risiken für den Motor zu vermeiden, die beim Betrieb des Fahrzeugs zu einer konkreten Gefährdung führen. Die Beklagten haben im Verfahren jedoch zugestanden, dass das programmierte Thermofenster aufgrund der klimatischen Bedingungen im überwiegenden Teil des Jahres die volle Abgasrückführung verhindert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs liegt daher jedenfalls eine unzulässige Abschalteinrichtung vor, selbst wenn durch sie der Motor geschützt würde. Da die Verkäuferin keine (taugliche) Verbesserung angeboten hat, berechtigt der nach wie vor bestehende Mangel den Käufer zur Aufhebung des Kaufvertrags. Er kann den Kaufpreis vom Verkäufer gegen Rückstellung des Fahrzeugs zurückverlangen und hat Anspruch auf den Nutzen (4% jährlich aus dem übergebenen Betrag), den der Verkäufer aus dem Kaufpreis ziehen konnte. Für die Benützung des Fahrzeugs hat der Käufer seinerseits ein Entgelt zu entrichten, das sich anhand der gefahrenen Kilometer berechnet (vereinbarter Kaufpreis x tatsächlich gefahrene km : im Erwerbszeitpunkt erwartbare Restlaufleistung).
Quelle: www.ogh.gv.at | OGH | 10 Ob 2/23a