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Sonntag, 04.12.2022

Verbandsklage der Arbeiterkammer gegen Fitnessstudios wegen der Verwendung von gesetzwidrigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Die von der Klägerin beanstandeten Klauseln sind gesetzwidrig und die Beklagten haben deren Verwendung und die künftige Berufung darauf zu unterlassen.

Die Bundesarbeitskammer beanstandete in zwei Verfahren gegen die jeweiligen (demselben Franchisesystem zugehörigen) Betreiber von Fitnessstudios folgende Klauseln in deren AGB:

1. „Die Mitgliedschaftsvereinbarung kann sowohl vom Mitglied wie auch von dem Anbieter jeweils unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zu jedem Monatsletzten schriftlich gekündigt werden. Für die ersten zwölf Monate ab Beginn des Vertragsverhältnisses verzichtet das Mitglied auf die Abgabe einer Kündigungserklärung (Mindestvertragsdauer).“

2. „Als wichtige Gründe gelten für den Anbieter insbesondere: (…)
Handlungen und Äußerungen eines Mitgliedes, die für den Anbieter geschäftsschädigend sind;“

3. „Als wichtige Gründe gelten für den Anbieter insbesondere: (…)
Handlungen eines Mitgliedes, welche darauf abzielen, den Kundenstock des Anbieters zu reduzieren (Abwerbung).“

4. „(…) Ebenso überwacht der Anbieter Teile des Studios mit Videokameras und speichert einzelfallbezogen die dabei gewonnenen Aufnahmen, soweit und solange dies im Einzelfall zur Sicherheit seiner Mitglieder und zur Aufklärung von strafbaren Handlungen sowie zur Abwehr oder Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen erforderlich ist. Der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle werden durch Hinweisschilder erkennbar gemacht. Jedenfalls erteilt jedes Mitglied seine Zustimmung zur Erhebung, Speicherung und Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten im oben angeführten Sinn.“

5. „Zu Beginn der Mitgliedschaft wird eine einmalige Pauschale von 19,90 € für die Verwaltung erhoben. Das Eintrittsmedium (Karte oder Chipband) bleibt im Besitz des Mitglieds und wird ebenfalls mit einer Gebühr von 19,90 € berechnet. Halbjährlich wird eine Servicepauschale in Höhe von 19,90 € erhoben. Die vorstehenden Pauschalen werden zusätzlich zum Mitgliedschaftsbeitrag und ungeachtet der gewählten Mitgliedschaftsart erhoben. Sämtliche Beträge enthalten die gesetzliche Mehrwertsteuer.“

Das Erstgericht gab den Klagen zur Gänze statt, das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidungen im Wesentlichen (hinsichtlich der Klausel 5. nur in Bezug auf die Servicepauschale), der Oberste Gerichtshof stellte die vollinhaltlich stattgebenden Urteile des Erstgerichts wieder her.

Klausel 1. normiert eine unangemessen lange Vertragsbindung, nämlich insgesamt 16 Monate, ohne dass hohe Investitions- und Personalkosten oder eine im Regelfall erfolgende Trainerberatung dies rechtfertigen würden. Überdies ist die Klausel intransparent, weil dem Verbraucher einerseits eine 12-monatige Mindestvertragsdauer nahegelegt wird, diese aber andererseits tatsächlich 16 Monate beträgt.

Klausel 2 ist ungewöhnlich und benachteiligend, weil auch wahre Aussagen geschäftsschädigend sein können. Dies ist eine unsachliche Beschränkung der Meinungsfreiheit.

Klausel 3 ist überraschend und nachteilig, weil mit einem derartig weit gefassten Kündigungsregime nicht zu rechnen ist. Sogar unter Konkurrenten wäre ein nicht mit unlauteren Methoden erfolgtes Abwerben zulässig.

Klausel 4 widerspricht der durch die Datenschutzgrundverordnung determinierten Rechtsordnung.

Klausel 5 ist zur Gänze gröblich benachteiligend, zumal sie mit dem „All-in“-Konzept der Beklagten nicht vereinbar ist. Der Verbraucher erhält keine über die vertragliche Hauptleistung hinausgehende „Service“-Leistung, die gesondert entgolten werden müsste. Der Verwaltungspauschale entsprechen keine konkreten Aufwendungen oder Leistungen, die über das übliche Maß hinausgehen. Dies gilt auch für die Chipgebühr, da die Ermöglichung des Zutritts zu den Fitnessstudios zu den Vertragspflichten der Beklagten gehört und daher nicht nachvollziehbar ist, warum der Kunde dafür ein zusätzliches Entgelt zu zahlen hat.

Die Urteilsveröffentlichungen entsprechen dem Talionsprinzip.

Quelle: www.ogh.gv.at | 4 Ob 59/22p sowie 4 Ob 62/22d