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Montag, 12.12.2022

Krypto & Start-Ups – Eine Frage der Transparenz

Die Themen Start-up, Krypto und Kapitalmarkt rücken wieder stärker ins öffentliche Scheinwerferlicht. Brand aktuell, komplex und heiß diskutiert. Im Rahmen von regelmäßigen Gastbeiträgen sorgt der Wiener Rechtsanwalt Dr. Georges Leser für kritische Denkanstöße und rechtlichen Durchblick in der Krypto- und Finanzwelt.


Angesichts der Probleme in Zusammenhang mit FTX hat sich der Konkurrent Binance kürzlich zu mehr Transparenz verpflichtet. Krypto- und Start-Up-Veranlagungen, die sich in den letzten zehn Jahren zunehmend als eigene Asset-Klasse im Bereich der individuellen Vermögensverwaltung entwickelt haben, haben beide ein massives Transparenzproblem.

Die Finanzindustrie wurde hingegen kurz vor der Finanzkrise 2007 mit massiven Transparenzvorschriften (uA MiFID I und II) belastet: Anlegerschutz zu Lasten der Rendite der Finanzindustrie. Eine Branche mit stetig wachsenden Compliance-Kosten und – auch aufgrund der Regelungen – geringeren Produktmargen.

In den Krypto- und Start-Up-Branchen hatten wir hingegen in den letzten zehn Jahren Goldgräberstimmung. Dort konnten ähnliche Geschäftsmodelle wie jene der Finanzindustrie de facto völlig unreguliert und ohne Compliance-Kosten umgesetzt werden. Missmanagement und Betrug ist daher nicht verwunderlich. Es war nur eine Frage der Zeit. Gleichzeitig gilt es aber auch nicht gesamte Branchen zu verurteilen. Vielmehr gilt es mE wieder ein ausgewogenes Regulatorium zu schaffen. Es bringt nichts, wenn Finanzinstitute aufgrund der Compliance-Vorschriften zwanzigseitige Dokumente vom Kunden unterschreiben lassen, von denen der Kunde aufgrund der Überinformation lediglich die erste und die letzte Seite liest.

Anleger müssen Verantwortung für ihre Veranlagungsentscheidung übernehmen, die Finanzindustrie einschließlich Krypto und Start-Ups hingegen die Verantwortung für das jeweilige Produkt und die Art des Produktvertriebes. Gleichzeitig muss aber der Gesetzgeber wieder zu einem ausgewogenen Regulatorium zurückkehren. Jede weitere „Verschärfung“ führt nur zu noch umfangreicheren Produktbeschreibungen, welche der Kunde nicht liest. Ob eine Vereinfachung der Regularien möglich ist, ist aber äußerst fraglich.

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Dr. Georges Leser
Gastautor
Der Wiener Rechtsanwalt und Kapitalmarktexperte beleuchtet im Rahmen seiner Gastbeiträge aktuelle Themen im Bereich Start-up, Krypto und des Kapitalmarktrechtes.