KarriereInsights mit Abteilungsleiterin Mag. Daniela Nowotny, MBA (Bundesministerium für Land- & Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft)
Mag. Daniela Nowotny, MBA gibt im Zuge des KarriereInsights Interviews spannende Einblicke in ihren Werdegang und ihre Tätigkeit im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft. Sie erzählt, wie sie ihren Weg in die öffentliche Verwaltung gefunden hat, welche Herausforderungen und Chancen dieser Karriereweg bietet und welche Fähigkeiten besonders gefragt sind. Zudem gibt sie wertvolle Tipps für Juristinnen und Juristen, die eine Laufbahn im Ministerium anstreben. Ein inspirierender Einblick in eine juristische Karriere mit gesellschaftlicher Verantwortung!
Was waren Ihre Beweggründe für das Jusstudium? Wollten Sie danach schon immer Karriere im Öffentlichen Dienst machen?
Ich darf die Frage mit einem Schmunzeln beantworten. Zunächst wollte ich Politikerin oder Ärztin werden, herausgekommen ist eine Juristin im öffentlichen Dienst. Damals wurde jungen Frauen noch gesagt, dass eine Karriere in der Politik „nicht möglich“ sei. Umso dankbarer bin ich, dass ich dann im Jusstudium meine Berufung gefunden habe, vor allem das öffentliche Recht und das Europarecht haben mich schon immer interessiert. Wenn man so wie ich nunmehr eine verantwortungsvolle Rolle im Gesetzgebungsprozess hat, gibt es auch Berührungspunkte zu Politikern und – Gott sei Dank heute auch – Politikerinnen.
Frau Mag.a Nowotny, Sie leiten den Bereich Betriebsmittelrecht und Ernährungssicherheit im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft. Wie sind Sie zu diesem eher ausgefallenen Fachgebiet gekommen?
Es ist ein Privileg, im öffentlichen Dienst tätig zu sein und mit unserem Wissen sowie Engagement zu einer sicheren und qualitativ hochwertigen Ernährung der österreichischen Bevölkerung beizutragen. Lebensmittelsicherheit betrifft uns alle und steht in enger Verbindung mit Wirtschaft, Umwelt und Gesundheit. Unser Aufgabenbereich umfasst unter anderem das Stakeholder-Management und den Dialog mit EU-Institutionen, anderen Ministerien, den Bundesländern, der Wirtschaft sowie Kompetenzzentren wie der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES).
Ihre Tätigkeit umfasst eine breite Palette an Gesetzen – von Futtermittel- bis hin zum Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetz. Wie behalten Sie in diesem komplexen und breiten Rechtsgebiet den Überblick?
Dieser Rechtsbereich erfordert kontinuierliches Lernen, da das Agrar- und Lebensmittelrecht eine dynamische Materie ist, die sich ständig weiterentwickelt. Als Juristin in diesem Feld ist es essenziell, im Multi-Level-Management tätig zu sein, was bedeutet, stets die Entwicklungen auf EU- und internationaler Ebene zu beobachten. Auf nationaler Ebene beinhaltet dies die Abstimmung mit den Bundesländern und verschiedenen Stakeholdern. Multi-Level-Management bedeutet auch, als Kompetenzzentrum innerhalb des Ressorts zu fungieren und als Serviceeinrichtung für andere Sektionen sowie den Bundesminister zu dienen.
Kurz gesagt: Die Aufgaben gehen weit über das bloße Verständnis von Gesetzestexten hinaus. Als juristische Führungskraft ist es ebenso wichtig, die jeweiligen Expert:innen in ihren Fachbereichen zu fördern und unsere Expertise gewinnbringend für das Ressort und seine Stakeholder einzusetzen.
Welche Fähigkeiten und Qualifikationen sind Ihrer Meinung nach besonders wichtig, um als Jurist:in im öffentlichen Dienst erfolgreich zu sein? Gibt es spezifische Tipps für den Karrierestart?
Für eine erfolgreiche Tätigkeit im öffentlichen Dienst sind Hausverstand, Empathie, fachliches Wissen, Abschlussfähigkeit, Freude an der Tätigkeit, Offenheit für Neues, auch neue Technologien wie KI, essenziell.
Ich empfehle, die vielfältigen Chancen des Öffentlichen Dienstes zu nutzen, Praktika zu machen, auch in Spezialgebieten der Verwaltung zu versuchen, den größeren Zusammenhang zu sehen und die Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts zu entdecken.
Was sind die größten Unterschiede zwischen einer juristischen Karriere im öffentlichen Dienst und einer in der Privatwirtschaft? Welche Vorteile bietet der öffentliche Sektor speziell für Jurist:innen?
Wir arbeiten für die Allgemeinheit und müssen die Anliegen der Wirtschaft genauso im Auge behalten wie die Bedürfnisse der Gesellschaft. Im Bereich des Ernährungswesens ist dieser Balanceakt bereits im AEU-Vertrag verankert. Wir müssen die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln zu angemessenen Preisen sicherstellen – und zwar in funktionierenden Märkten unter Berücksichtigung eines hohen Niveaus des Schutzes der Gesundheit und Umwelt.
Die Lebensmittelbranche steht zunehmend im Fokus der Öffentlichkeit, insbesondere bei Themen wie Herkunftskennzeichnung oder Gentechnik. Welche aktuellen Trends und rechtlichen Herausforderungen sehen Sie hier?
Rechtsnormen sind stets ein Spiegel gesellschaftlicher und geopolitischer Entwicklungen – und Österreich ist Teil dieses Wandels.
Megatrends sind z.B. ESG und Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit oder auch geopolitische Veränderungen mit Auswirkungen auf die Landwirtschaft.
Einige Beispiele:
Herkunftskennzeichnung und Regionalität sind nicht nur Konsumtrends, sondern bieten auch den Produzenten die Möglichkeit, sich aus der Masse der Agrarprodukte hervorzuheben und ihre Leistung sichtbar zu machen. Ich glaube, dass die Digitalisierung dazu beitragen kann, den Aufwand und die Kosten, die mit der Herkunftskennzeichnung verbunden sind, zu reduzieren.
Die kritische Haltung der Österreicherinnen und Österreicher zur Gentechnik im Lebensmittelbereich ist bekannt - und nicht alles, was machbar ist, ist auch sinnvoll. Dennoch zeigt sich, dass Innovationen einen wichtigen Beitrag leisten können, um die Lebensmittelproduktion umweltverträglicher, klimaangepasster und effizienter zu gestalten. Oft führt der goldene Mittelweg zum besten Ergebnis.
Die Abstimmung mit der EU ist ein essenzieller Bestandteil Ihrer Arbeit. Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen in der europäischen Lebensmittel- und Betriebsmittelpolitik?
Die aktuellen Nachrichten verdeutlichen, dass Europa einem tiefgreifenden Wandel in Bereichen wie Sicherheits- und Außenpolitik, Wettbewerbspolitik und Budgetfragen unterliegt. Diese Entwicklungen werden auch die Agrarpolitik und deren finanzielle Rahmenbedingungen beeinflussen. Wir müssen lernen, mit diesem 'New Normal' umzugehen.
Auf der operativen Ebene bedeutet das einerseits, gesellschaftspolitische Anliegen so zu gestalten, dass sie für kleine und mittlere Unternehmen umsetzbar sind, und andererseits, die Besonderheiten der österreichischen Lebensmittelproduktion zu bewahren und zukunftssicher auszurichten. So können wir sicherstellen, dass wir auch in Zukunft regionale und qualitativ hochwertige Lebensmittel zur Verfügung haben.
Welche rechtlichen Entwicklungen im Bereich Betriebsmittel- und Ernährungssicherheit erwarten Sie in den nächsten Jahren?
Ein großes Thema ist die Resilienz; die Covid-Krise hat uns deutlich gezeigt, wie essenziell regionale Produzenten für die Sicherstellung der Versorgung sind. Fragen zur wirtschaftlichen Abhängigkeit von Lieferanten und Ländern sowie zur Versorgungssicherheit rücken zunehmend in den Fokus.
Darüber hinaus gilt es, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen; so wird beispielsweise die digitale Kennzeichnung entlang der Lebensmittelkette in Zukunft verstärkt zum Einsatz kommen.
Wenn Sie einen Bereich innerhalb Ihrer Tätigkeit besonders weiterentwickeln könnten – welcher wäre das und warum?
Die Regelungsdichte im Bereich Ernährungswesen ist bereits sehr hoch und trägt sicher wesentlich zu dem hohen Niveau bei, das wir in Österreich haben. Wir dürfen nicht vergessen, dass all diese Vorschriften auch von Bediensteten der Verwaltungen der Länder und des Bundes überwacht werden müssen. Ich möchte dafür sorgen, dass wir in der öffentlichen Verwaltung über Strukturen und Arbeitsmittel verfügen, unsere Aufgaben effektiv und effizient erfüllen zu können; dazu wird es auch einer Aufgabenevaluierung und Veränderungsbereitschaft bedürfen.
Gleichzeitig ist es wichtig, unsere Begeisterung für diese Arbeit an die jungen Kolleg:innen weiterzugeben, denn letztlich handelt es sich um eine Aufgabe von Menschen für Menschen.
Vielen Dank für die interessanten Insights und weiterhin viel Erfolg.
Steckbrief: Persönliche Fragen an Mag. Daniela Nowotny, MBA
Was darf auf Ihrem Schreibtisch nie fehlen?
Kreativität, Humor und eine kleine Süßigkeit
Ihr Lieblingslebensmittel?
Frisches, knuspriges dunkles Brot
Angenommen es gibt keine Juristen mehr - welchen Beruf hätten Sie dann?
Einen Beruf, bei dem man mitgestalten kann, wertgeschätzt und seine Meinung gehört wird - und wenn ich an die junge Daniela Nowotny zurückdenke, würde es wohl ein medizinischer Beruf sein.
Welches Buch lesen Sie gerade?
Ich lese gerne historische Kriminalromane, derzeit bin ich im Berlin der 20er Jahre.
Welche App ist für Sie unverzichtbar?
Nachrichten-Apps, Google Maps und „Voting Calculator“ des Rates der EU
Ihr Lieblingszitat?
„Für das Können gibt es nur einen Beweis: das Tun.“ Marie von Ebener-Eschenbach
