Im vorliegenden Fall veranstaltete ein Unternehmer im Sommer 2020 mehrere Konzerte auf schwimmenden Inseln auf der Wasserfläche der Alten Donau. Weil er hiefür jedoch nicht über die notwendige schifffahrtsrechtliche Bewilligung verfügte, bestrafte ihn der Magistrat der Stadt Wien mehrmals nach der Seen- und Fluss-Verkehrsordnung (SFVO) in Verbindung mit dem Schifffahrtsgesetz (SchFG).
Der Unternehmer wandte sich mit einer Beschwerde gegen die Strafen und brachte als Begründung insbesondere vor, dass es sich bei der Alten Donau um ein öffentliches, jedoch nicht fließendes Gewässer handle und daher als stehendes öffentliches Gewässer nicht vom Geltungsbereich des SchFG umfasst sei.
Das Verwaltungsgericht Wien gab der Beschwerde des Unternehmers statt und behob die Strafen. Auch das Verwaltungsgericht vertrat die Ansicht, dass es sich bei der Alten Donau um kein Fließgewässer handle bzw. finde sie sich auch nicht in der Anlage 1 des SchFG. Sie sei ein (stehendes) öffentliches Gewässer und habe diese Eigenschaft auch nicht durch die Abtrennung von der (öffentlichen) Donau verloren. Es komme daher weder die SFVO noch das SchFG zur Anwendung. Die Strafen seien daher aufzuheben gewesen.
Der Magistrat der Stadt Wien erhob dagegen eine Amtsrevision.
Der VwGH setzte sich mit der Frage auseinander, ob die Alte Donau als öffentliches Gewässer oder als Privatgewässer einzuordnen ist.
Dazu hielt der VwGH zunächst fest, dass sich das SchFG an der Einteilung der Gewässer nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) orientiert und im Wesentlichen für öffentliche fließende Gewässer sowie in seiner Anlage 1 angeführte öffentliche Gewässer und Privatgewässer sowie darüber hinaus für sonstige Privatgewässer gilt. Demnach gilt sie nicht für stehende öffentliche Gewässer, sofern diese nicht in der Anlage 1 des SchFG erwähnt werden. Die Alte Donau wurde zum für die Entscheidung des VwGH relevanten Zeitpunkt in Anlage 1 nicht angeführt (siehe dazu auch unten).
Im Zuge der Donauregulierung 1870 wurde die Alte Donau vollständig von der Donau getrennt. Sie fließt nicht mehr und wird vom Grundwasser gespeist. Aus diesem Grund ist die Alte Donau als eigenständiges Gewässer zu behandeln und teilt nicht mehr das rechtliche Schicksal des Hauptstromes. Es handelt sich bei der Alten Donau um ein stehendes Gewässer.
Zur Frage der wasserrechtlichen Einordnung führte der VwGH weiter aus, dass das WRG 1959 keine Bestimmung enthalte, wonach alle Gewässer, die vor der Einführung des Wasserrechtsgesetzes im Jahre 1934 (es wurde als WRG 1959 wiederverlautbart) nach den damaligen Landeswasserrechtsgesetzen, die aufgrund des Reichswassergesetzes 1869 ergangen waren, als öffentlich galten, so auch nach dem WRG 1959 zu qualifizieren seien. Vielmehr ist die Qualifikation nunmehr (ab 1934) nach dem (nunmehrigen) WRG 1959 zu beurteilen.
Aber bereits nach der alten Rechtslage hatte der VwGH im Jahr 1894 in einer ähnlichen Entscheidung zum ebenfalls im Zuge der Donauregulierung ab 1870 von der Donau abgetrennten „Stadt Enzersdorfer Donauarm“ ausgesprochen, dass jene Grundstücke, die durch die Abtrennung gewonnenen wurden, zum Eigentum der Donauregulierungskommission (spätere Donauhochwasserschutz-Konkurrenz) bzw. zum Miteigentum des Staatsschatzes, des Landes Niederösterreich und der Stadt Wien erklärt wurden und daher dieser Altarm bereits nach dem Reichswassergesetz 1869 kein öffentliches Gewässer mehr darstellt.
Nach dem (aktuellen) WRG 1959 wäre die Alte Donau nur dann ein öffentliches Gewässer, wenn es sich nicht um ein Privatgewässer handelt. Ein solches wäre die Alte Donau nach § 3 Abs. 1 WRG 1959 etwa dann, wenn sie als See oder Teich zu qualifizieren wäre. Als Seen gelten im Sinne des WRG 1959 natürliche Gewässer, als Teiche wiederum ablassbare künstliche Gewässer ohne lichtarme Tiefenzone.
Zwar wurde die Alte Donau als nunmehr stehendes Gewässer durch die Trennung vom Hauptstrom im Zuge der Donauregulierung geschaffen. Als „künstlich geschaffene“ Gewässer sind jedoch ausschließlich anthropogen (von Menschenhand) geschaffene Gewässer anzusehen, und nicht auch Gewässer, die durch hydromorphologische Veränderung, Verlegung oder Begradigung eines bestehenden Gewässers entstanden sind.
Im Hinblick darauf, dass die Alte Donau durch Umgestaltung eines bereits an dieser Stelle bestehenden Gewässers – nämlich eines Armes des Donaustromes – und somit nicht ausschließlich von Menschenhand geschaffen wurde, handelt es sich bei ihr um einen See. Als solcher ist die Alte Donau im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. d WRG 1959 als Privatgewässer zu qualifizieren.
Weil das Verwaltungsgericht Wien daher zu Unrecht davon ausging, dass es sich bei der Alten Donau um ein öffentliches Gewässer handelt, hob der VwGH die angefochtene Entscheidung auf.
In der Zwischenzeit erging auch eine Klarstellung durch den Gesetzgeber, indem er die Alte Donau in die Anlage 1 des SchFG aufnahm.