Interview mit Rechtsanwalt Dr. Reinhard Pesek
Heute dürfen wir Rechtsanwalt Dr. Reinhard Pesek zum Interview begrüßen. Mit einer beeindruckenden Karriere als Partner in einer bekannten und stark wachsenden Top-Kanzlei im Rücken, hat Dr. Pesek im Mai 2024 einen neuen Weg eingeschlagen und seine eigene Kanzlei „Pesek Immobilien.Recht“ gegründet. In diesem Interview spricht er über seine Beweggründe, Herausforderungen, seine Spezialisierungen, die derzeit spannendsten Themen im Immobilienrecht und über die aktuelle Lage am Immobilienmarkt. Weiters gibt es Tipps für ein Studium in Rekordzeit und drei Ratschläge für Rechtsanwaltsanwärter:innen, die ebenfalls beabsichtigen eine eigene Kanzlei zu gründen.
Im Rahmen unserer Interviewreihe „KarriereInsights“ bitten wir Persönlichkeiten der Juristenszene – von Berufseinsteigern bis Branchengrößen – um Einblicke in den eigenen Werdegang und den ein oder anderen Karrieretipp.
Nach einer sehr erfolgreichen Karriere als Partner in einer schnell wachsenden Top-Kanzlei haben Sie mit Mai 2024 Ihre eigene Rechtsanwaltskanzlei, Pesek Immobilien.Recht, gegründet. Was waren Ihre Beweggründe und inwiefern unterscheidet sich Ihre jetzige Tätigkeit und Positionierung gegenüber dem früheren „Angestelltenverhältnis“?
Nach fünf Jahren, in denen ich sowohl fachlich als auch menschlich viel lernen konnte, war es Zeit für eine neue Herausforderung. Ich hatte das Gefühl, dass nun der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um eine eigene Kanzlei von Grund auf nach meinen Vorstellungen und Werten aufzubauen. Die Unterschiede zu meiner vorherigen Partnerrolle in einer doch recht großen Kanzlei bestehen vor allem darin, dass wir in einem kleineren Team flexibler agieren können und Abstimmungsprozesse schneller durchlaufen werden. Genau deshalb habe ich mich für das Format einer Boutique-Kanzlei entschieden, mit der ich meinen Mandantinnen und Mandanten persönliche und rasche Betreuung in immobilienrechtlichen Fragestellungen bieten kann.
Was waren die größten Herausforderungen beim „Sprung in die Selbständigkeit“?
Organisation in allen Facetten! Ich hätte mir im Vorfeld nicht gedacht, wie viel Zeitaufwand für organisatorische Dinge erforderlich ist. Das fing an mit der Suche geeigneter Büroräumlichkeiten, der Koordinierung von Umbau- und Sanierungsmaßnahmen, der Anschaffung der kompletten Kanzleiausstattung und ging über die Erstellung einer Corporate Identity, zahlreiche IT-Themen bis hin zu Agenden mit der Rechtsanwaltskammer und dem Finanzamt. Und natürlich muss hinter diesem Vorhaben auch ein Businessplan stehen, der die Finanzierung ermöglicht.
Die Schwerpunkte Ihrer Kanzlei liegen im Immobilien-, Verbraucher- und allgemeinen Zivilrecht. Wann und wie haben sich Ihre sogenannten Steckenpferde herauskristallisiert? Welche Causen bzw. Themen begeistern Sie aktuell besonders?
Ich war vor dem Beginn meiner anwaltlichen Tätigkeit vier Jahre als Universitätsassistent am Institut für Zivilrecht der Universität Wien beschäftigt. Während dieser Zeit habe ich mich neben dem allgemeinen Zivilrecht einerseits im Rahmen meiner Dissertation vertieft mit dem Verbraucherrecht beschäftigt. Andererseits durfte ich sehr früh eine umfangreiche Gesetzeskommentierung zu dem gesamten ABGB-Bestandrecht übernehmen, die ich auch heute noch betreue. Es war daher naheliegend, dass ich diese Themengebiete nach mehreren Jahren wissenschaftlicher Bearbeitung auch in meiner anwaltlichen Tätigkeit weiterhin betreue.
Besonders spannend finde ich die Führung mietrechtlicher Verbandsprozesse. Ein solcher Prozess wird durch einen klageberechtigten Verband eingeleitet und richtet sich gegen vermeintlich unzulässige Mietvertragsklauseln, die ein unternehmerischer Vermieter verwendet. In diesen Prozessen geht es im Regelfall um die Klärung interessanter Rechtsfragen, die meist auch für viele andere Vermieter eine Relevanz haben und sowohl das eigentliche Mietrecht als auch das Verbraucherrecht betreffen – eine schöne Schnittstelle meiner Tätigkeitsschwerpunkte.
Vor allem das Immobilienrecht ist eine spannende und aktuell auch herausfordernde Querschnittsmaterie. Welche Beratungsthemen überwiegen aktuell? Nimmt das Transaktionsgeschäft schon wieder Fahrt auf oder sind es noch die Neu- und Restrukturierungen?
Ein in der täglichen Beratung immer wichtiger werdendes Thema ist die Dekarbonisierung von Immobilien. Diese ist vor allem bei Bestandgebäuden ein mitunter schwieriges Unterfangen, dem viele Hürden des Miet- und Wohnungseigentumsrechts im Weg stehen. Damit in Zusammenhang steht auch das vermehrte Interesse institutioneller Vermieter an sogenannten „Green-Lease-Verträgen“, also Mietverträgen, die eine nachhaltige Ausstattung, Bewirtschaftung und Nutzung von Immobilien zum Ziel haben. Ebenfalls ein aktuelles Thema sind Wertsicherungsvereinbarungen in Wohnungsmietverträgen. Diesbezüglich hat die jüngere Judikatur zu einer enormen Rechtsunsicherheit geführt. Das Transaktionsgeschäft ist nach meiner Einschätzung noch immer auf einem relativ niedrigen Niveau, allerdings ist anlässlich der jüngsten Zinspolitik wohl davon auszugehen, dass es langsam wieder an Fahrt aufnehmen wird.
Sie waren im Universität Wien Best-Of-The-Best-Ranking untern den Top 2% des Gesamtstudiums – welche drei Tipps können Sie Studienanfänger:innen mitgeben, um das Studium in Rekordzeit zu meistern?
Möglichst früh herauszufinden, wie man am effektivsten lernt, und dieses System konsequent beibehalten. Mir selbst hat es geholfen, nach strukturierten Tagesplänen vorzugehen. Und dann einfach dranbleiben – auch bei Fächern, die einen vielleicht weniger interessieren. Wenn man sich vor Augen führt, wie viele berufliche Möglichkeiten ein Jusstudium eröffnet, dann trägt auch das hoffentlich ein wenig zur Motivation bei.
Welche drei Tipps können Sie Rechtsanwaltsanwärter:innen geben, die ebenfalls beabsichtigen eine eigene Kanzlei zu gründen?
Aus meiner Sicht ist es wichtig, sich auf ein Fachgebiet zu spezialisieren, in dem man wirklich gut ist – ich denke, dass die Gründung einer Kanzlei leichter fällt, wenn man von Anfang an ein klares fachliches Profil hat.
Abgesehen von der fachlichen Kompetenz benötigt es natürlich auch Mandate. Daher ist es sinnvoll, schon vor der Gründung der eigenen Kanzlei eigene Mandate zu akquirieren und möglichst viele Kontakte zu knüpfen. Das fällt gerade am Anfang sicherlich nicht leicht und für die Akquise von Mandaten gibt es kein Patentrezept – man muss den für sich passenden Weg finden. Und wenn man die Gründung der eigenen Kanzlei tatsächlich in Betracht zieht, sollte man ausreichend Zeit für die Klärung aller organisatorischen Dinge einplanen und sich darauf einstellen, dass die ersten Monate noch sehr stark davon geprägt sein werden.
Wir bedanken uns für das spannende Interview und wünschen weiterhin viel Erfolg und Freude. 🍀
Steckbrief: Persönliche Fragen an Rechtsanwalt Dr. Reinhard Pesek
Wo und wie tanken Sie Energie?
Beim Sport, sei es im Fitnesscenter oder beim Laufen im Freien.
Welchen Beruf hätten Sie, wenn es keine Rechtsanwälte mehr gäbe?
Arzt.
Welches Buch lesen Sie gerade?
Dazu bin ich leider schon länger nicht mehr gekommen.
Welche App ist für Sie unverzichtbar?
Kalender-App.
Ihr Lebensmotto?
Wer sich zu groß fühlt, um kleine Aufgaben zu erfüllen, ist zu klein, um mit großen Aufgaben betraut zu werden.