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Donnerstag, 04.01.2024

Interview mit Rechtsanwalt Dr. Berthold Lindner

Heute dürfen wir Dr. Berthold Lindner als ausgewiesenen Experten im Umwelt- und Nachhaltigkeitsrecht zum Interview begrüßen. Es geht um seinen Werdegang, den Megatrend Nachhaltigkeit und Tipps für eine steile Karriere.

Im Rahmen unserer Interviewreihe „KarriereInsights“ bitten wir Persönlichkeiten der Juristenszene – von Berufseinsteigern bis Branchengrößen – um Einblicke in den eigenen Werdegang und den ein oder anderen Karrieretipp.


Was waren Ihre Beweggründe für das Jusstudium und wollten Sie schon immer Rechtsanwalt werden?

Ich hatte vor meinem Studienantritt nur eine vage Vorstellung über die Inhalte des Jusstudiums. Ich dachte mir damals nur, dass es praktisch wäre, das Recht zu kennen. Schnell stellte ich fest, dass die Tätigkeit als Jurist sehr erfüllend sein kann, wobei mein ursprünglicher Berufswunsch eher in Richtung Notariat ging. Erst durch die Tätigkeit in einer Anwaltskanzlei, die ursprünglich nur als Übergangslösung angedacht war, lernte ich rasch meine Begeisterung für das Umweltrecht kennen. Als sich dann die Möglichkeit eröffnete, für einen Notar zu arbeiten, blieb ich bei meiner Berufswahl und übe seit mittlerweile fast 15 Jahren den Beruf als Rechtsanwalt mit Leidenschaft aus.

Gemäß dem Trend Anwaltsranking gehören Sie im Öffentlichen Wirtschaftsrecht zur absoluten Elite. Wie haben Sie Ihre Spezialisierung gefunden? Was muss man neben harter Arbeit und umfassendem Fachwissen mitbringen, um der Beste/die Beste auf seinem Fachgebiet zu werden?

Ich habe mich nach meinem Studium bei mehreren Anwaltskanzleien beworben. Darunter eine hochspezialisierte Umweltrechtskanzlei, damals noch ohne jegliche Spezialkenntnisse in diesem Gebiet. Obwohl ich im Zivilrecht dissertiert habe, empfand ich die Herausforderungen des öffentlichen Rechts als sehr spannend, weil sie ein hohes Maß an Kreativität erfordern. Mir gefällt dabei insbesondere die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ökolog:innen, Techniker:innen, Mediziner:innen etc. Auch als Jurist:in kann man aus diesen anderen Fachgebieten sehr viel für die eigene Arbeit mitnehmen und diese sodann bei der Gestaltung vom Verfahren nutzen. Ich glaube eine wichtige Aufgabe von uns Jurist:innen ist es einerseits das eigene Rechtsgebiet in all seinen Facetten und den laufenden Entwicklungen sehr genau zu kennen, andererseits aber auch aus anderen Disziplinen jene Kenntnisse zu erwerben, die erforderlich sind um Mandant:innen optimal beraten zu können.

ESG und Nachhaltigkeit sind aktuell omnipräsent – welche Fachgebiete verbergen sich hinter den Schlagworten?

Der Begriff  „Nachhaltigkeit“ ist ein Megatrend. Nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch im Rechtsleben. Während bis vor wenigen Jahren Nachhaltigkeit nur mit dem Umweltrecht im weitesten Sinn in Verbindung gebracht wurde, hat das Nachhaltigkeitsrecht zwischenzeitig nahezu alle Rechtsgebiete durchdrungen. Dies geht von der für große Unternehmen geforderten Nachhaltigkeitsrechtsberichterstattung über den Kapitalmarkt bis hin zum Straf- und Zivilrecht. Erst jüngst wurde das AUA-Urteil bekannt, mit dem sogenanntes „Greenwashing“ (angebliche CO2-Neutralität eines Flugs) als unlauter Wettbewerb qualifiziert wurde. Große Herausforderungen für die produzierende Industrie wird das Lieferkettenregime mit sich bringen. Letztlich ist der massive Ausbau der erneuerbaren Energie Grundvoraussetzung, um unseren Wohlstand in Europa erhalten zu können. All diese Rechtsgebiete benötigen Spezialist:innen, die vernetzt denken können und neben den eigentlich rechtlichen Vorgaben auch die theoretischen Grundlagen im Bereich ESG, SDG und Nachhaltigkeit kennen.

Was macht das Thema Nachhaltigkeitsrecht für Sie besonders spannend und mit welchen Themen kommen Mandanten häufig zu Ihnen?

Nachhaltigkeitsrecht ist die Grundlage für eine weitere umwelt- und klimafreundliche Entwicklung. Es ist ein junges Rechtsgebiet, welches viele Bereiche umfasst und in dem noch zahlreiche Fragen ungeklärt sind. Durch die Tätigkeit im Nachhaltigkeitsrecht kann man dieses Rechtsgebiet mitgestalten und an der Rechtsentwicklung aktiv teilnehmen.

Mein persönlicher Arbeitsschwerpunkt im Nachhaltigkeitsrecht ist derzeit der Ausbau erneuerbarer Energieträger und der damit verbundenen Netze sowie die Implementierung der Kreislaufwirtschaft in Unternehmen. Damit verbunden sind oft zivil- und elektrizitätsrechtliche Fragestellungen, wie etwa die Gründung von Energiegemeinschaften, Ausgestaltung von Liegenschaftsnutzungsverträgen usw.. In der Kanzlei decken meine Kolleg:innen zahlreiche weitere Rechtsgebiete ab, wobei insbesondere Lieferketten und Greenwashing und die Nachhaltigkeitscompliance wesentliche Arbeitsschwerpunkte der Kanzlei bilden.

Sie haben Ihre Kanzlei sehr schnell erfolgreich am Markt etabliert. Was empfehlen Sie Kolleg:innen vor einer Kanzleigründung?

Eine Kanzleigründung stellt immer eine große Herausforderung dar. Bevor ich eine Kanzlei gründe, muss ich zuerst wissen, wie ich die Kanzlei finanziere. Wer sollen meine Mandant:innen sein, in welchen Rechtsgebieten möchte ich tätig sein? Der Trend hin zur Spezialisierung setzt sich auch in kleineren Einheiten stetig fort. Dies macht durchaus Sinn. Die Akquise neuer Mandate ist eine der wichtigsten Aufgaben, gerade in einer jungen Kanzlei. Ein moderner Außenauftritt kann hier gut helfen, wobei gerade soziale Medien eine kostengünstige Möglichkeit bieten, an potentielle Mandant:innen heranzutreten. Dabei muss freilich beachtet werden, wer die zukünftige Zielgruppe sein soll.

Anzudenken ist dabei immer auch die Möglichkeit einer Kooperation mit anderen Kanzleien, um Mandant:innen ein breiteres Beratungsspektrum anbieten zu können. Damit können auch die anfallenden Kosten gesenkt werden. Ich freue mich immer, mit Kolleg:innen das Thema Kanzleigründung und Optionen der Entwicklung zu diskutieren.

Wohin möchten Sie Ihre Kanzlei entwickeln?

Unser mittelfristiges Ziel ist es, Mandant:innen eine umfassende Betreuung in allen Gebieten des Nachhaltigkeitrechts zu bieten. Wir sind laufend auf der Suche nach neuen Kooperationen, um Mandant:innen auch dort unterstützen zu können, wo uns dies bislang noch nicht möglich ist. Ziel ist es künftig jedenfalls, dass im Nachhaltigkeitsrecht die Kanzlei Lindner Stimmler die erste Wahl ist.

Welche drei Tipps können Sie Rechtsanwaltsanwärter:innen für eine erfolgreich und erfüllte Karriere mit auf den Weg geben?

  1. Die Ausbildungszeit als Rechtsanwaltsanwärter:innen ist hart, bietet aber die Möglichkeit, sich umfassend mit Rechtsfragen und der Judikatur zu beschäftigen. Versuchen Sie in dieser Zeit, sich so viel Wissen als möglich anzueignen. Nur durch das Lesen von Literatur und Judikatur lernt man zu verstehen, wie Gerichte und Rechtsanwält:innen denken, was für die Gestaltung eigener Verträge und Schriftsätze enorm wichtig ist.

  2. Schalten Sie ab. So wichtig die Tätigkeit von uns Jurist:innen ist, es gibt auch ein Leben außerhalb. Die Tätigkeit als Rechtsanwält:in kann sehr erfüllend sein, dennoch sollte es daneben noch ein Privatleben geben.

  3. Wenn Sie in einer Kanzlei nicht zufrieden sind, wechseln Sie. Dies bedeutet nicht bei den ersten kleinen Widrigkeiten das Handtuch zu werfen. Es macht jedoch keinen Sinn die gesamte Ausbildungszeit in einer Kanzlei zu verbringen, ohne dort Wissen und Know-how für die eigene berufliche Zukunft mitzunehmen. Gerade im Bereich von Rechtsanwaltswärter:innen sind Berufswechsel durchaus üblich und ist die Gefahr, hier negativ wahr genommen zu werden, in der Regel nicht so groß, wenn Sie zumindest beweisen, dass Sie in einer Kanzlei mehrere Monate aushalten können.

Wir bedanken uns für die spannenden Einblicke und wünschen weiterhin viel Erfolg und alles Gute.

Steckbrief: Persönliche Fragen an Berthold Lindner

Wo und wie tanken Sie Energie?
Mein Rückgrat ist meine Familie, durch die es mir immer wieder gelingt, die Arbeit hinter mir zu lassen und mich auf Neues und (anderes) Schönes zu fokussieren. Am Besten gelingt mir dies in der Natur: Ich gehe leidenschaftlich gerne wandern, wodurch ich meine Batterien aufladen kann.

Angenommen es gibt die Rechtsbranche nicht mehr. Welchen Beruf hätten Sie dann?
Dann würde ich wohl meinem Berufswunsch als kleiner Junge nachgehen: Adlerzüchter

Welches Buch lesen Sie gerade?
Die Strudlhofstiege von Heimito von Doderer (privat). Daneben auch immer wieder gerne: Selbstmarketing für Anwältinnen und Anwälte von Karin Schmollgruber.

Welche App ist für Sie unverzichtbar?
Ohne WhatsApp könnte ich zu Freunden und Familien keinen Kontakt halten.

Was ist Ihre größte Stärke?
Ich denke dass ich Sachverhaltsfragen sehr schnell verstehe und diese für juristische Lösungen umsetzen kann.

Ihr Lieblingszitat?
Wege entstehen dadurch, dass man sie geht (Franz Kafka).