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Donnerstag, 17.10.2024

Interview mit Rechtsanwältin Mag. Teresa Waidmann von Schönherr Rechtsanwälte

Heute dürfen wir Rechtsanwältin Mag. Teresa Waidmann zum Interview begrüßen. Sie begann ein Medizinstudium, entschied sich jedoch, dieses zugunsten der Rechtswissenschaften aufzugeben. Durch einen glücklichen Zufall entdeckte sie ihr fachliches Steckenpferd und betont, wie wichtig es ist, sich so früh wie möglich auf ein Rechtsgebiet zu spezialisieren. Außerdem räumt sie mit dem Klischee auf, dass man in Großkanzleien nicht ausreichend auf die Rechtsanwaltsprüfung vorbereitet wird.

Im Rahmen unserer Interviewreihe „KarriereInsights“ bitten wir Persönlichkeiten der Juristenszene – von Berufseinsteigern bis Branchengrößen – um Einblicke in den eigenen Werdegang und den ein oder anderen Karrieretipp.


Wollten Sie schon immer Rechtsanwältin werden oder hatten Sie auch andere Berufsziele?

Ich bin ursprünglich mit der Medizin aufgewachsen. Darüber hinaus war das Argumentieren schon immer eine Leidenschaft. Für mich kamen daher nur zwei Berufe in Frage – Ärztin oder Juristin. Ich habe dann mit dem Medizinstudium begonnen, das ich dann zu Gunsten des Jusstudiums abgebrochen habe. Wenn auch der Arztberuf selbst eine große Faszination ausgeübt hat (und es noch immer tut), sah ich meine Stärke doch mehr in den Geisteswissenschaften. Wenn ich keine Juristin geworden wäre, wäre ich aber jedenfalls Ärztin geworden.

Die Konzipientenzeit – von der Rechtsanwaltsanwärterin zur Rechtsanwältin – beinhaltet einen gewissen Ausbildungscharakter. Welche Erfahrungen haben Sie während Ihrer Konzipientenzeit gemacht und inwiefern bereitet auch die Konzipientenzeit in einer Großkanzlei gut auf die Rechtsanwaltsprüfung vor?

Eine Großkanzlei bietet ein sehr abwechslungsreiches Arbeitsumfeld. Mir hat die Arbeit von Beginn an sehr viel Spaß gemacht, da ich an zahlreichen verschiedenen Fällen für nationale und internationale Mandanten mitarbeiten konnte. Keine Aufgabe war wie die andere, was die Arbeit sehr spannend und lehrreich machte. Vom Entwurf eines Arbeitsvertragsmusters und Standard-Anfragen bis hin zu grenzüberschreitenden Transaktionen und Memoranden zu komplexen Rechtsfragen war alles dabei. Dadurch bekommt man als Konzipient schnell einen umfassenden Einblick in den Arbeitsalltag eines Anwalts und beginnt bereits sehr früh Bereiche abzudecken, die auch bei der Rechtsanwaltsprüfung relevant sind (wie z.B. die Vertragsgestaltung).

Es ist außerdem ein Mythos, dass man in Großkanzleien nicht vor Gericht verhandeln geht. Ich habe während meiner Konzipientenzeit regelmäßig Gerichtsakte bearbeitet und dabei verschiedenste Schriftsätze und Rechtsmittel verfasst. Natürlich war ich dann auch oft selbst vor den Zivilgerichten und auch vor Verwaltungsgerichten verhandeln. Dadurch konnte ich einen umfassenden Einblick in die verschiedenen Verfahrensrechte und -schritte gewinnen, und bekam schnell Routine beim Schreiben von Schriftsätzen. Beides war natürlich sehr hilfreich für die Rechtsanwaltsprüfung.

Ich fand es auch besonders spannend, wie eng die einzelnen Teams aus den einzelnen Rechtsgebieten zusammenarbeiten. So lernt man auch sehr schnell zu erkennen, wie einzelne Rechtsgebiete miteinander vernetzt sind. Zusammenhänge zwischen den einzelnen Rechtsgebieten und -problemen zu erkennen ist natürlich wesentlich, um die Mandanten entsprechend zu beraten.

Durch die Zusammenarbeit mit den anderen Teams lernt man auch viele andere Leute in der Kanzlei kennen und schließt schnell neue Freundschaften. Natürlich unterstützt man sich dann auch gegenseitig bei der Vorbereitung zur Anwaltsprüfung – sei es mit Tipps oder bei Fragen im Rechtsgebiet des jeweils anderen. Dieser interne Zusammenhalt ist bestimmt einer der größten Stärken einer Großkanzlei.    

Sie haben sich auf Arbeitsrecht, Venture Capital und Start-ups spezialisiert. Wie kam es dazu und was macht die Arbeit in diesen Bereichen für Sie besonders spannend?

Auf meine Leidenschaft für Arbeitsrecht bin ich mehr oder weniger zufällig während meiner Studienzeit gestoßen. Ich  war auf der Suche nach einem Praktikum im Bereich M&A während der Sommermonate und bekam stattdessen ein Praktikum im Arbeitsrecht angeboten. Ich habe dann die richtige Entscheidung getroffen und dieses Angebot trotzdem angenommen. Das Arbeitsrecht und seine vielen Facetten haben mich schließlich so fasziniert, dass aus dem ursprünglichen Praktikum eine zweijährige Tätigkeit als studentischer Mitarbeiterin, mehrere weitere Praktika und schließlich eine Konzipientenstelle im Arbeitsrecht wurde.

Bei Schönherr bekam ich dann die Möglichkeit, mein Interesse für M&A mit Arbeitsrecht zu kombinieren. Ich lernte durch diese Kombination zahlreiche Branchen kennen, und konnte dadurch unglaublich viel lernen. Da beinahe jedes Unternehmen Arbeitnehmer hat, spielt das Arbeitsrecht fast immer eine wesentliche Rolle. Besonders spannend finde ich dabei die arbeitsrechtliche Beratung der Mandanten vor und nach Abschluss der Transaktion, wie etwa im Zusammenhang mit dem Vereinheitlichen von Prozessen und Strukturen oder dem organisatorischen Zusammenlegen von Geschäftsbereichen. Auch die Beratung im Startup-Bereich finde ich sehr interessant, weil auch die Art und Weise der Beratung in vielen Fällen eine andere Ausgangsposition hat als bei etablierten Unternehmen.

Neben Ihrer Tätigkeit als erfolgreiche Wirtschaftsanwältin publizieren Sie und tragen auch an der FH Wien vor – wie schaffen Sie das und welche Zeitmanagementtipps können Sie den Leser:innen mit auf den Weg geben?

Ich liebe die Arbeit mit den Studierenden, und das Vortragen macht mir sehr viel Spaß. Ich sehe meine Vortragstätigkeit daher als Energiequelle und nicht als Zeitaufwand an. Mein Rat an junge Jurist:innen ist daher, sich neben dem "Brotberuf" auf solche Tätigkeiten zu konzentrieren, die ihnen auch wirklich Freude bereiten.

Haben Sie Tipps für Absolvent:innen, die auch eine steile Karriere und den sogenannten „Partnertrack“ in einer Großkanzlei anstreben?

Ein besonders wertvoller Rat, den ich als junge Juristin erhalten habe, war, sich so früh wie möglich auf ein Rechtsgebiet zu spezialisieren. Diesen Ansatz kann ich auch an alle junge Jurist:innen weitergeben, die eine juristische Karriere, insbesondere in einer Großkanzlei, anstreben.

Wir bedanken uns für das Interview und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

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Steckbrief: Persönliche Fragen an Rechtsanwältin Mag. Teresa Waidmann

Wo und wie tanken Sie Energie?
Bei Sport, bei einem guten Essen und/oder bei meiner Familie in Kärnten.

Welches Buch lesen Sie gerade?
Haruki Murakami - Die Stadt und ihre ungewisse Mauer

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Was sind Ihre wichtigsten Werte?
Vertrauen

Ihr Lieblingszitat?
Nichts ist so beständig wie der Wandel. - Heraklit

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