Heute dürfen wir Generalsekretärin Mag. Eva Landrichtinger zum Interview begrüßen. Es geht um die juristische Ausbildung, den Mehrwert einer juristischen Ausbildung, Tipps für Studierende und Konzipienten, sowie den Karriereweg Verwaltung.
Im Rahmen unserer Interviewreihe „KarriereInsights“ bitten wir Persönlichkeiten der Juristenszene – von Berufseinsteigern bis Branchengrößen – um Einblicke in den eigenen Werdegang und den ein oder anderen Karrieretipp.
Was waren Ihre Beweggründe für das Jusstudium? Welche Berufsziele hatten Sie während des Studiums?
Ich habe tatsächlich nach der Matura nicht hundertprozentig gewusst was ich studieren möchte. Ich wollte zwar jedenfalls studieren, aber ich hatte während meiner Schulzeit keine genaue Vorstellung. Ich war nämlich kein super kreativer Kopf, sodass man zum Beispiel sagen könnte Architektur wäre naheliegend. Also wollte ich unbedingt ein Studium machen welches mir viele Möglichkeiten bietet und so bin ich dann auf Jus gekommen. Jetzt rückblickend muss ich sagen, ich würde diese Entscheidung genauso wieder treffen, weil es mittlerweile nicht nur meinen Stärken entspricht, sondern es mir auch extrem viel Spaß gemacht hat. Außerdem begeistert mich die Breite an Möglichkeiten, die man nach dem Studium hat, da gibt es glaube ich wenig Studienrichtungen die einem so viele Chancen danach eröffnen können.
Inwiefern ist Ihre juristische Ausbildung für Ihre Tätigkeit als Generalsekretärin und Aufsichtsrätin in zwei Unternehmen von Vorteil?
Die Ausbildung ist von enormem Vorteil, nicht nur jetzt als Generalsekretärin und als Aufsichtsrätin sondern auch in den Tätigkeiten die ich davor ausgeübt habe, zum Beispiel in politischen Kabinetten. Im Ministerium haben wir tagtäglich mit Gesetzestexten zu tun und wenn man weiß wie man damit umgehen muss, wie man sie lesen muss und wie der Gesetzwerdungsprozess funktioniert, ist das von großem Vorteil. Nichtsdestotrotz gibt es natürlich immer noch Bereiche, die ein bisschen „learning by doing“ sind, aber die juristische Ausbildung hat mich wirklich gut auf den jetzigen Beruf vorbereitet. In Bezug auf meine Funktion als Aufsichtsrätin, braucht es in einem Aufsichtsrat Mitglieder mit unterschiedlicher Expertise und da ist es gut, eine Person mit juristischer Ausbildung zu haben, die sich in juristischen Details zum Beispiel besser auskennt.
Bereitet eine juristische Ausbildung im Allgemeinen gut auf die Berufswelt vor?
Auf jeden Fall, alleine wegen der Breite an Dingen die man lernt. Denn man lernt ja nicht nur die unterschiedlichen Rechtsmaterien kennen, sondern beschäftigt sich überdies mit Betriebswirtschaftslehre oder Finanzwissenschaften. Außerdem bekommt man während dem Jusstudium einfach viele zusätzliche Skills mit, zB wie kann ich mich rhetorisch gut präsentieren, wie lerne ich selbstständiges Denken und wie gehe ich beim Aufbereiten eines Falles analytisch vor.
Juristen werden überall gebraucht und man sieht wie viele unterschiedliche Möglichkeiten es gibt. Natürlich, es gibt immer die klassische Anwaltskarriere aber man kann auch Richter oder Staatsanwalt werden, man kann in den öffentlichen Dienst oder in ein Unternehmen gehen.
Was sind Ihre Aufgaben als Generalsekretärin? Wie gestaltet sich ein „typischer“ Arbeitstag? Gibt es einen typischen Ablauf und was schätzen Sie an Ihrer Tätigkeit am meisten?
Das Besondere an meinem Beruf und das was ich so gerne daran mag ist, dass es keinen typischen Arbeitstag gibt – jeder Tag ist anders und jeder Termin ist anders. Selbstverständlich gibt es immer auch Fixpunkte, wie zB der Austausch mit dem Herrn Bundesminister und den Sektionsleitungen bei uns im Haus. Zudem bietet der Job als Generalsekretärin die Möglichkeit bei vielen Terminen, Veranstaltungen, Diskussionen dabei sein zu können und zB Botschafter zu treffen. Das ist enorm vielfältig. Außerdem gefällt mir auch, dass man tatsächlich etwas verändern kann. Wichtig ist mir unter anderem wie man den öffentlichen Dienst zu einem moderneren Arbeitgeber machen kann.
Krieg, Krisen, Inflation und hohe Zinsen – steht der Arbeitsmarkt in Österreich nichtsdestotrotz auf soliden Beinen?
Unserer Ansicht nach auf jeden Fall. Wir sind sehr froh darüber wie gut sich der Arbeitsmarkt entwickelt hat. Das war zu Beginn der Coronakrise nicht hundertprozentig absehbar und es war eine große Herausforderung mit geeigneten Maßnahmen gegenzusteuern. Erst kürzlich (Ende Juli) haben wir einen Beschäftigungsrekord mit mehr als 4.000.000 unselbständig Beschäftigte in Österreich erreicht. Da sieht man auch, dass sich sehr viele Leute am Arbeitsmarkt befinden. Was uns auch besonders freut ist, dass die Zahlen der Langzeitarbeitslosen zurückgehen, was wir auf unser Programm „Sprungbrett“ zurückführen. Ein anderes großes Thema ist der Fachkräftebedarf, der nach wie vor in aller Munde ist. Dieses Thema wird uns aufgrund des demografischen Wandels in den nächsten Jahren sowohl in Österreich aber auch auf europäischer Ebene begleiten und eine Herausforderung darstellen. Hier werden die Politik, die Ministerien, aber auch die Unternehmen weiter gefordert sein.
Wie sehen sie die Zukunft der Rechtsbranche in Österreich und wird es durch den technologischen Fortschritt im Bereich der Künstlichen Intelligenz mehr oder weniger Rechtsanwält:innen benötigen?
Wir versuchen die Angstmache aufgrund technologischer Fortschritte, wie KI zum Beispiel, hintanzustellen. Denn wenn man viele Jahre zurückgeht, sieht man, dass durch den Fortschritt zwar gewisse Jobs verloren gegangen sind, sich viele Jobs aber verlagern, weil andere Fähigkeiten benötigt werden.
Insbesondere hinsichtlich der Rechtsanwaltsbranche, glaube ich nicht, dass es in Zukunft keine oder weniger Rechtsanwält:innen geben wird. Die persönliche Dienstleistung wird meiner Meinung nach noch wichtiger werden. Ich habe mich letztens mit einem Kollegen unterhalten der Rechtsanwalt ist. Er hat den Versuch gestartet und eine Rechtsfrage auf ChatGPT eingegeben und hat das mehrmals wiederholt. Jedes Mal hat er eine andere Antwort (auf dieselbe Frage) bekommen und zum Teil falsche Informationen. Genau das zeigt schon sehr gut, wie wichtig Jurist:innen auch in Zukunft sein werden.
Welche Herausforderungen und auch Chancen hat eine Karriere im Öffentlichen Dienst?
Ich glaube, dass der öffentliche Dienst ein sehr guter Arbeitgeber ist. Man hat es auch während der Coronakrise gesehen, er ist ein sicherer Arbeitgeber, aber zeitgleich bietet der öffentliche Dienst auch sehr viele Möglichkeiten. Wenn man sich zum Beispiel unser Resort anschaut: wir sind für Arbeitsmarkt- und Arbeitsrechtthemen zuständig, aber genauso für Wirtschaftsthemen sowie EU- und Außenhandelspolitik. Bei uns gibt es zum Beispiel „Job Rotation“, wodurch Mitarbeiter:innen in andere Abteilungen wechseln und damit sehr viel sehen und eine breite Palette an Themen kennenlernen.
Aber nicht nur die Jobsicherheit spielt eine große Rolle, sondern auch Sinnstiftung und Work-Life-Balance werden immer wichtiger (insbesondere für junge Menschen). Der öffentliche Dienst kann hier bereits einiges bieten, denn wir haben flexible Arbeitszeit- und Home Office-Modelle. Zum Beispiel kann man bei uns 2 Tage pro Woche, nach Rücksprache mit seinem Vorgesetzten, von zu Hause arbeiten. Zusätzlich kann man auch anlassbezogen Home Office nehmen, zB wenn Handwerker in die Wohnung kommen.
Unser Ziel ist es immer attraktiver und moderner zu werden. Denn auch wir als öffentlicher Dienst und als Ministerium im Speziellen müssen wettbewerbsfähig sein, da auch wir den Fachkräftemangel genauso wie die Privatwirtschaft spüren.
Haben Sie Tipps für Studienanfänger bzw. auch Berufsanwärter? Insbesondere im Hinblick auf die Vielzahl an (Karriere-) Möglichkeiten.
Ich kann gut nachvollziehen, dass die Vielzahl an Möglichkeiten erschlagend wirken kann. Für mich war die Auswahl der Studienrichtung und wo ich eigentlich danach arbeiten möchte sehr schwierig. Das Wichtigste ist, dass es auch in Ordnung ist, wenn man Dinge ausprobiert und man dann vielleicht scheitert.
Ich persönlich habe relativ schnell herausgefunden was ich nicht machen möchte und dadurch hat sich dann der richtige Weg ergeben. Deswegen glaube ich auch, dass es nicht schlimm ist, wenn man zum Beispiel das Studium wechselt. Man sollte trotz der Fülle der Möglichkeiten versuchen, überlegt heranzugehen und zu schauen, was einen am meisten interessiert. Und wenn das nicht passt, probiert man etwas Anderes aus. Das ist ja auch das Schöne in Österreich, wir haben so viel Auswahl und genießen eine sehr gute Ausbildung.
Wir bedanken uns für die spannenden Insights und wünschen auch weiterhin viel Erfolg und Alles Gute.