Interview mit Mag. Constanza Trofaier, LL.M., BA – Legal Counsel bei der Österreichischen Galerie Belvedere
Heute dürfen wir eine spannende „Kunstjuristin“ zum Interview begrüßen. Sie gewährt Einblicke, wie Sie von der Kopfentscheidung Jusstudium, über ein Praktikum in der Rechtsabteilung von Sotheby’s in London, einem LL.M. – selbstverständlich mit vertiefender Spezialisierung Kunstrecht – und einem Doktorat mit Fokus Kunstrecht ihren Traumberuf gefunden hat, der Juristerei und die Leidenschaft für Kunst vereint.
Im Rahmen unserer Interviewreihe „KarriereInsights“ bitten wir Persönlichkeiten der Juristenszene – von Berufseinsteigern bis Branchengrößen – um Einblicke in den eigenen Werdegang und den ein oder anderen Karrieretipp.
Was waren Ihre Beweggründe für das Jusstudium?
Es war eine Kopfentscheidung, da das Jusstudium eine solide Basis für das Berufsleben bildet.
Nach dem Studium der Rechtswissenschaften haben Sie erfolgreich Kunstgeschichte studiert und einen LL.M. an der Columbia Law School erworben. Haben Sie zu diesem Zeitpunkt bereits eine Karriere im Kunstrecht angedacht und inwiefern können Sie Ihr Wissen der Kunstgeschichte und die Erfahrungen durch Ihren LL.M. an der Columbia Law School heute anwenden?
Ich habe schon länger eine Karriere, die Kunst und Recht kombiniert, angestrebt.
Bevor ich mich für das Studium der Rechtswissenschaften entschied, wollte ich eigentlich Kunstgeschichte studieren, der Kopf entschied aber für Jus. Während meines Studiums der Rechtswissenschaften blieb die Begeisterung für Kunst und ich überlegte, wie ich diese zwei Disziplinen verbinden könnte. Ich entschloss, zusätzlich Kunstgeschichte zu studieren und machte ein Praktikum in der Rechtsabteilung von Sotheby’s in London. Nach dem Magister der Rechtswissenschaften fokussierte ich mein Doktorat auf Kunstrecht. Der LL.M. sollte diese Spezialisierung vertiefen. Die Columbia Law School bietet viele Möglichkeiten im Bereich Kunst und Recht: neben speziellen Kursen kooperiert die Universität mit der Non-Profit-Organisation „Volunteer Lawyers for the Arts“, wo ich ein Externship absolvierte. Darüber hinaus wurde ich Kunstrecht-Vorsitzende der Columbia Entertainment, Arts, and Sports Law Society.
Aber auch nach dem LL.M. verfolgte ich die Kombination von Kunst und Recht: Ich nahm an dem Universitätslehrgang Kunstrecht an der Sigmund Freud PrivatUniversität teil und seit Jahren engagiere ich mich bei der Forschungsgesellschaft Kunst&Recht, von deren Bulletin ich Lektorin bin.
Um einen Job gut ausüben zu können, ist die Auseinandersetzung mit der Materie im Detail für mich eine Voraussetzung.
Das Studium der Kunstgeschichte bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Epochen der Kunst. Man erlernt analytisch-interpretative Kompetenzen und die (kultur-)historische Kontextualisierung von Werken. Die Sammlung der Österreichischen Galerie Belvedere reicht vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Ein Verständnis für die Besonderheiten der Kunst, ihre historische Entwicklung und deren Wertschätzung erlaubt es mir, die speziellen Bedürfnisse von Kunstwerken bei der Bearbeitung der Rechtsfragen im Museum besser zu berücksichtigen.
Die Museumspraxis ist eine sehr internationale mit länderübergreifendem Leihverkehr, auch in die USA. Durch den LL.M. habe ich ein besseres Verständnis dafür bekommen, worauf man hierbei achten muss. Grundsätzlich habe ich im LL.M. fundierte Einblicke in die US-amerikanische Herangehensweise zu kunstrechtlichen Fragestellungen gewonnen, die es erlauben, im Arbeitsalltag Lösungsansätze aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.
Sie haben bereits Erfahrungen als Konzipientin in renommierten Wirtschaftskanzleien gesammelt – inwiefern unterscheidet sich die Arbeit als Legal Counsel von einer Kanzleitätigkeit?
Als Legal Counsel sind die Themen, mit denen ich mich auseinandersetze, breit gefächert. Man ist ständig mit neuen Rechtsfragen konfrontiert. Dahingegen war meine Tätigkeit in der Kanzlei eher spezialisiert, da in Großkanzleien sich einzelne Abteilungen mit bestimmten Rechtsgebieten befassen, wie z.B. Datenschutz oder Vergaberecht, wohingegen man als Legal Counsel alles abdeckt.
Für Ihre Tätigkeit als Legal Counsel bei der Österreichischen Galerie Belvedere benötigt man zweifelsfrei sowohl Affinität für die Kunst als auch entsprechende Fachkenntnisse. Mit welchen rechtlichen Themen sind Sie regelmäßig konfrontiert und was ist das Beste an Ihrem Job?
Die rechtlichen Themen decken ein breites Spektrum ab, angefangen bei allen Rechtsfragen, die die Kunst betreffen: Urheberrecht, Schenkungsverträge, Leihverträge, Kaufverträge, Kooperationsverträge für Ausstellungen; bis zu baurechtlichen Themen, Mietverträgen, Datenschutz und – dadurch, dass die Österreichische Galerie Belvedere ein öffentliches Museum ist – natürlich auch Vergaberecht.
Das Beste an meinem Job ist, dass man in einem altehrwürdigen Haus von Kunst umgeben ist. Highlights sind beispielsweise, wenn Ausstellungen, für die man das rechtliche Regelwerk erstellt hat, eröffnen.
Welche spannenden Entwicklungen gibt es aktuell im Kunstrecht?
Kunstrecht ist als Querschnittsmaterie zu betrachten, mit einer Vielfalt an juristischen Fragestellungen in verschiedenen Rechtsgebieten, daher ist es schwierig, das so zu beantworten. Aber natürlich sind aktuelle Rechtsfragen zu digitaler Kunst (NFT, AI, AR etc.) ein spannendes Thema.
Tipps an Studienanfänger?
Während des Studiums Praktika absolvieren, um herauszufinden, was einem Spaß macht und einen motiviert.
Seine Interessen nicht aufgeben und, wenn möglich, diese mit dem Beruflichen verbinden.
Erfahrungen als Rechtsanwaltsanwärter*in sammeln, bevor man In-House geht, um ein besseres Verständnis für die aufkommenden Rechtsfragen zu bekommen.
Wir bedanken uns für das interessante Interview und wünschen auch weiterhin viel Erfolg und alles Gute.