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Dienstag, 06.08.2024

Interview mit Dr. Martin Cvikl und die Angelobung als Rechtsanwalt mit 25 Jahren

Heute dürfen wir Rechtsanwalt Dr. Martin Cvikl zum Interview begrüßen. Er hat drei juristische Studiengänge mit ausgezeichnetem Erfolg bestanden und wurde mit gerade einmal 25 Jahren zum Rechtsanwalt angelobt. Es erwarten Sie Tipps um das Studium, die Konzipientenzeit und Einblicke in den Sprung in die Selbständigkeit mit Kanzleigründung.

Im Rahmen unserer Interviewreihe „KarriereInsights“ bitten wir Persönlichkeiten der Juristenszene – von Berufseinsteigern bis Branchengrößen – um Einblicke in den eigenen Werdegang und den ein oder anderen Karrieretipp.


Sie sind gerade als Rechtsanwalt angelobt worden und dies mit gerade einmal 25 Jahren. Sowohl den Bachelor als auch den Master of Laws und das Doktorat haben Sie an der Wirtschaftsuniversität Wien mit ausgezeichnetem Erfolg bestanden. Welche Tipps können Sie mit uns teilen, damit man den Balanceakt zwischen Rekordzeit und Bestnoten meistert?

Ich denke, das wichtigste Kriterium für diesen Balanceakt zwischen Schnelligkeit und Leistung im Studium ist Effizienz. Ich habe immer versucht, in den Lehrveranstaltungen so viel wie möglich mitzunehmen, damit der eigentliche Aufwand der Prüfungsvorbereitung geringer ist. Weiters war es mir wichtig, den Prüfungsstoff stets mit Praxisbeispielen zu untermauern, also was man z.B. aus einem konkreten Rechtsproblem für die spätere anwaltliche Tätigkeit mitnehmen kann. Das macht das Lernen dann auch deutlich spannender.

Die Noten im Studium waren mir schon wichtig, ich hätte aber nie z.B. eine bestandene Prüfung wiederholt, nur um eine bessere Note zu erhalten. Das wäre für mich dann das Gegenteil von Effizienz. Insgesamt hat es dann in den einzelnen juristischen Studien (noch) für einen ausgezeichneten Erfolg gereicht. Zu erwähnen wäre noch, dass ich während der Schulzeit als außerordentlicher Studierender bereits einzelne Prüfungen absolviert habe und eine Klasse übersprungen habe, was sich in meinem Werdegang natürlich zeitlich zu Buche geschlagen hat.

Viele Studienanfänger:innen stehen vor der Entscheidung Juridicum vs. WU Wien - welche Vor- oder Nachteile sind Ihrer Meinung nach mit den beiden Universitäten verbunden?

Da ich auf der WU Wien Wirtschaftsrecht studiert habe, kann ich natürlich nur zu diesem Studium persönliche Einblicke geben. Das Studium auf der WU Wien ist meiner Wahrnehmung nach etwas mehr falllösungs- bzw. praxisorientiert. Es hat auch einen vermehrten Fokus auf betriebswirtschaftliche oder steuerliche Fächer, was gerade bei der Beratung in unternehmens- und gesellschaftsrechtlichen Causen sehr wichtig ist. Wer gesellschaftsrechtliche Umgründungen machen will, sollte auch Bilanzen lesen können und im Steuerrecht ziemlich fit sein.

Dafür werden manche Fachgebiete auf der WU Wien etwas weniger genau behandelt als am Juridicum (wie z.B. das Familienrecht in meinem damaligen Zivilrechtskurs). Da ich neben meiner Konzipiententätigkeit eine Zeit lang Nachhilfe für Studierende am Juridicum in Zivilverfahrensrecht gegeben habe, konnte ich daraus die persönliche Erkenntnis gewinnen, dass z.B. auch das Exekutionsrecht am Juridicum detaillierter behandelt wird, als es damals auf der WU Wien der Fall war.

Ich denke, dass im Ergebnis beide Studien zweifellos gut auf den Juristenberuf vorbereiten, lediglich die Schwerpunkte sind etwas anders gelagert.

Nach dem Studium haben Sie in einer Kanzlei klassisch die Konzipientenzeit absolviert. Für viele Rechtsanwaltsanwärter:innen ist bei der Wahl der Ausbildungskanzlei bereits die Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung ein wichtiger Entscheidungsfaktor. Was war für Sie dabei ausschlaggebend und wie haben Sie Ihre Ausbildungszeit empfunden?

Die Zeit als Konzipient:in bis zur Rechtsanwaltsprüfung ist in der Tat durchaus entscheidend dafür, wie groß der Vorbereitungsaufwand für die Prüfung ausfällt.

In einer kleinen bzw. mittelständischen Kanzlei ist die Wahrscheinlichkeit, dass man mit verschiedenen Rechtsgebieten bzw. Verfahrensarten befasst ist, tendenziell höher, als in einer großen Sozietät mit entsprechenden Spezialisierungen. Andererseits hat man in einer kleinen bzw. mittelständischen Kanzlei regelmäßig nicht die Möglichkeit, z.B. sich ein Know-How für große „M&A“-Deals anzueignen, um dann solche Mandate später völlig eigenständig zu bearbeiten. Meine Empfehlung ist hier, bis zur Rechtsanwaltsprüfung juristisch eher breit aufgestellt zu sein, und später dann, etwa durch einen Arbeitsplatzwechsel, auch neue Rechtsgebiete „auszuprobieren“ bzw. sich vermehrt zu spezialisieren.

Ich habe die Konzipientenzeit insgesamt als angenehm empfunden, da in der Kanzlei, wo ich vorher tätig war, ein persönliches Arbeitsklima geherrscht hat, das auch über ein rein berufliches Arbeitsklima hinausgegangen ist.

Hinsichtlich der Notwendigkeit einer Spezialisierung auf ein Fachgebiet scheiden sich mittlerweile die Geister – was ist Ihre Meinung zu diesem Thema?

Grundsätzlich bin ich gegenüber reinen Spezialisierungen eher skeptisch eingestellt. Ein guter Jurist / eine gute Juristin zeichnet sich zunächst dadurch aus, dass er / sie ein breites Verständnis von der Rechtsordnung hat und interdisziplinär denkt. Schließlich sind die Rechtsprobleme der Mandant:innen selten einseitig gelagert. Man muss also z.B. in der Lage sein, Gesetze nicht nur durch die „zivilrechtliche Brille“, sondern auch durch die „verfassungsrechtliche Brille“ zu interpretieren.

In einem nächsten Schritt sollte man sich zwei, drei oder auch vier Fachgebiete zurechtlegen, wo man eine verstärkte Expertise hat, und für die man dann auch bei den Mandant:innen bekannt ist. Meist ergeben sich die Spezialisierungen dann auch aus der Struktur der Causen.

Ihre aktuelle Herausforderung ist der Sprung in die Selbstständigkeit. Was waren Ihre Beweggründe und in welche Richtung soll sich Ihre Kanzlei entwickeln?

Mein grundlegendes Verständnis vom Rechtsanwaltsberuf als sog. „freier Beruf“ ist dessen selbständige Ausübung, sei es allein oder in einer Partnerschaft. Als Rechtsanwält:in ist man auch Unternehmer:in und ich finde es spannend, alle Facetten der Selbständigkeit, zu der z.B. auch Themen der Kanzleiorganisation gehören, mitzuerleben. Angestellter Rechtsanwalt oder „Dauersubstitut“ in einem faktisch anstellungsähnlichen Verhältnis wollte ich langfristig nie sein.

Mein aktuelles Ziel liegt im Aufbau eines Klientenstocks in den Fachgebieten Immobilienrecht, Erbrecht und Unternehmensrecht mit gewissen Bezügen zum IT-Recht und zum Verwaltungsrecht. Einen Teil meiner Zeit wende ich zudem für Substitutionen auf. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass ich mich mittelfristig mit anderen Kolleg:innen „vergesellschafte“, um wechselseitige Synergien zu nutzen.

Wir bedanken uns für die spannenden Einblicke und wünschen weiterhin viel Erfolg.

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Steckbrief: Persönliche Fragen an Dr. Martin Cvikl

Wo und wie tanken Sie Energie?
Treffen mit Freunden und Kollegen und Sport. Tanzen ist eine weitere, hervorragende Möglichkeit, um gedanklich vom Beruf abzuschalten.

Welchen Beruf hätten Sie, wenn es keine Rechtsanwälte mehr gäbe?
Wenn ich die Welt der „Juristerei“ verlassen würde, würde ich vermutlich den Beruf des Umweltingenieurs ausüben, weil hier noch viel passieren wird. In der Schulzeit hatte ich schon eine gewisse Leidenschaft für Chemie.

Welches Buch können Sie empfehlen?
Menschen neigen dazu, sich zu sehr mit der Vergangenheit oder der Zukunft zu befassen. Ein gutes, aber nicht ganz unumstrittenes Buch, dem etwas entgegenzuwirken, wäre „Die Kraft der Gegenwart“ von Eckhart Tolle. Da ich als Jurist einen Großteil meiner Arbeitszeit mit Texten befasst bin, hält sich meine Freude, in der Freizeit Bücher zu lesen, aber derzeit in Grenzen.

Welche App ist für Sie unverzichtbar?
Es ist WhatsApp.

Ihr Lieblingszitat?
Der Weg ist das Ziel.

LawFinder Redaktion
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