Interview mit Dr. Magnus Brunner – Finanz- & Digitalisierungsminister
Heute dürfen wir Finanz- & Digitalisierungsminister HBM Dr. Magnus Brunner zum Interview begrüßen. Es geht um die juristische Ausbildung, Überstunden in der Anwaltei, Tipps für Studierende und Konzipienten, sowie den Karriereweg Verwaltung.
Im Rahmen unserer Interviewreihe „KarriereInsights“ bitten wir Persönlichkeiten der Juristenszene – von Berufseinsteigern bis Branchengrößen – um Einblicke in den eigenen Werdegang und den ein oder anderen Karrieretipp.
Was waren Ihre Beweggründe für das Jus-Studium und welche Berufsziele hatten Sie während des Studiums?
HBM Brunner: Ich war einerseits von meiner ältesten Schwester geprägt, die sich für ein Studium der Rechtswissenschaften entschieden hat und wollte andererseits etwas studieren, womit ich sozusagen „breit aufgestellt“ war. Zur Diskussion standen bei mir deshalb ein Wirtschafts- oder ein Jusstudium. Ich habe mich dann für Jus entschieden, weil ich – und hier beantworte ich die zweite Frage gleich mit – Diplomat werden wollte. Für die Diplomatie ist das Jus-Studium eine sehr geeignete Grundlage. Das war dann der Hauptentscheidungsgrund für mich.
Sie haben nach dem Doktorat in Österreich erfolgreich einen LL.M. am Kings College London absolviert. Warum haben Sie sich für einen LL.M. entschieden und inwiefern nutzen Sie das erworbene Wissen heute noch?
HBM Brunner: Ja, ich wollte unbedingt noch ein Post Graduate Studium im Ausland machen. Für mich stand von Anfang an fest, dass ich unbedingt nach England wollte – dort war ich bereits während meiner Schulzeit und habe mich dort sehr wohl gefühlt. London ist einfach eine tolle Stadt. Zur Diskussion standen dann das King‘s College und die London School of Economics and Political Science. Geworden ist es dann, Sie haben es ja in Ihrer Frage schon erwähnt, das King‘s College. Dort habe ich mich auf European Internal Market, auf Wettbewerbsrecht und Telekommunikationsrecht, konzentriert und spezialisiert. Und alle diese drei Themenbereiche kann ich jetzt gut gebrauchen. In meiner Rolle als Finanz- und Digitalisierungsminister bin ich auch für den Bereich Telekommunikation zuständig und bin froh, auch diesen Bereich zu kennen. Das Thema Internal Market spielt in der Politik generell immer eine große Rolle etwa beim ECOFIN, dem monatlichen EU-Finanzministertreffen. Gleiches gilt für das Thema Wettbewerbsrecht. Von dem Wissen, das ich mir in meiner Studienzeit erwerben konnte, zehre ich nach wie vor und kann es in meiner täglichen Arbeit sehr gut gebrauchen.
Wie gestaltet sich ein „typischer“ Arbeitstag? Gibt es einen typischen Ablauf und was schätzen Sie an Ihrer Tätigkeit als Finanzminister am meisten?
HBM Brunner: Kein Tag ist wie der andere – das ist auch einer der Gründe, warum ich meinen Job so gerne mache. Daher nein, einen typischen Arbeitstag gibt es bei mir nicht. Das liegt einerseits an der Themenvielfalt, die wir unter dem Dach des Finanzministeriums vereinen und andererseits an den unglaublichen Herausforderungen der letzten Monate und Jahre. Wir leben in Zeiten multipler Krisen – auf die Corona-Pandemie folgte ein Krieg in Europa, der neben massiven Herausforderungen im Energieversorgungsbereich auch Rekordinflation und eine Teuerungswelle brachte. Daneben stehen wir mit dem Klimawandel vor der größten Herausforderung unserer Generation. In all diesen Bereichen ist die Politik gefragt, Lösungen zu erarbeiten. Natürlich ist man als Finanzminister nicht für jedes dieser Themen hauptverantwortlich, aber man ist eigentlich immer beteiligt. Ein gutes Beispiel für ein Thema, das man wohl nicht im Zuständigkeitsbereich des Finanzministers verorten würde, ist das Thema Klimaschutz. Aber auch hier braucht es finanzielle Mittel, um geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, Missstände zu bereinigen und neue Chancen zu nutzen. Dafür haben wir übrigens auch ein eigenes Klima-Team im BMF geschaffen. Auch die Ökosoziale Steuerreform, die wir letztes Jahr trotz der Krisen auf den Weg gebracht haben, ist eine wichtige strukturelle und steuerpolitische Weichenstellung für klimafreundliches Verhalten und damit nicht nur eine finanzpolitische, sondern auch eine klimapolitische Maßnahme.
Inwiefern ist Ihre juristische Ausbildung für Ihre Tätigkeit als Finanzminister von Vorteil?
HBM Brunner: Grundsätzlich ist eine juristische Ausbildung immer von Vorteil – sowohl national, als auch in europäischen Kontext ist eine fundierte juristische Ausbildung für jeden Job von Vorteil und eine sehr, sehr gute und breite (Wissens-)Grundlage.
Viele Juristen (über)erfüllen das Anwaltsklischee eines Vielarbeiters. Sind exzessive Überstunden Ihrer Meinung nach ein Indikator für gute Leistungen?
HBM Brunner: Ich sage immer: „Was‘ hat, das wiegts.“ Das trifft auch in diesem Zusammenhang zu. Daher nein, exzessive Überstunden allein sind meiner Meinung nach kein Indikator für gute Leistung. Wobei sie in manchen Berufen, um gute Leistungen erbringen zu können, oft notwendig sind. Das gilt sicher für die Juristerei und die Politik, aber auch für das Unternehmertum – da sind Überstunden selbstverständlich. Aber eine conditio sine qua non für gute Leistung sind sie sicherlich nicht.
Aber es stimmt natürlich, dass es gerade in der Anwaltei oder im politischen Bereich selbstverständlich ist viel zu arbeiten. Darauf muss man sich gerade als junger Mensch, wenn es um die Auswahl eines Studiums oder die Bewerbung für einen Job geht, einstellen. Wichtiger ist aus meiner Sicht der Output. Wenn es für den notwendigen Output manchmal nötig ist mehr zu arbeiten, dann ist das in Ordnung und wenn einem der Job Freude bereitet auch keine Belastung.
Haben Sie Tipps für Studienanfänger bzw. Berufsanwärter?
HBM Brunner: Für beide habe ich einen Tipp, der mir in meiner beruflichen Karriere immer ganz besonders wichtig war: Leidenschaft zu empfinden, bei dem was man tut. Das gilt für die Studienwahl, für die Zeit als Berufsanwärter und auch für den weiteren Karriereweg. Man sollte sich Themenbereiche aussuchen, für die man brennt, die einen interessieren und mit denen man sich wohlfühlt. Denn, und davon bin ich wirklich überzeugt, nur was man gern macht, das macht man auch gut.
Gibt es in der Verwaltung auch Jobs für Juristen und würden Sie Kolleginnen und Kollegen eine Karriere in der Finanzverwaltung empfehlen?
HBM Brunner: Ja und ja. Unser vielfältiges Aufgabenspektrum im Finanzressort bietet abwechslungsreiche und spannende Tätigkeiten. Analytische Fähigkeiten und rechtliches Know-How sind gefragte Qualifikationen am Arbeitsmarkt – das gilt auch für die Finanzverwaltung. Wir spannen damit einen großen Bogen über die Vielfalt der juristischen Arbeitsbereiche und bieten unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten in ganz Österreich. Konkret etwa im Bereich der Legistik in der Zentralleitung in Wien, in den Fachbereichen der Dienstbehörden, im Personalmanagement, in der Finanzprokuratur oder im Bundesfinanzgericht. Außerdem ist es bei uns auch möglich, Rechtspraktika zu absolvieren – das ist vor allem für Berufseinsteieger und Berufseinsteigerinnen interessant, weil sie sich dabei die Arbeit in der Verwaltung ansehen und sich von der Vielfalt der juristischen Herausforderungen im Finanzressort überzeugen können.
Mit 19. Mai 2023 wurde ein neuerliches Ausschreibungspaket gestartet, bei dem neben Pflichtschulabgängern und Maturanten, auch Arbeitsplätze für Juristinnen und Juristen zur Ausschreibung gelangt sind. Unter dem Link www.bmf.gv.at/jobs kann man sich einen Überblick über die momentan ausgeschriebenen Stellen verschaffen. Das Angebot an freien Arbeitsplätzen umfasst bundesweit grundsätzlich alle Ämter der Steuer- und Zollverwaltung mit deren umfangreichen Aufgabenspektren. Das Finanzressort bietet neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein modernes und kollegiales Arbeitsumfeld, das durch flexible Arbeitszeiten mit einer guten Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit punktet.
(Anmerkung der Redaktion: Eine Vielzahl an Jobs im Öffentlichen Dienst mit juristischem Bezug sind auch auf LawFinder zu finden.)
Wir bedanken uns für das interessante Interview und wünschen auch weiterhin viel Erfolg und alles Gute.