Heute dürfen wir Fiona Kirchberg und Lukas Faymann von der Vienna Art Law Clinic (VALC) zum Interview begrüßen. Das spannende Projekt des Instituts für Innovation und Digitalisierung im Recht in Zusammenarbeit mit der Universität für angewandte Kunst Wien bietet Jusstudierenden die Möglichkeit, Praxiserfahrung im Kunstrecht zu sammeln und gleichzeitig die Kunstwelt zu erkunden. Ihr Ziel ist es, ein Netzwerk zwischen Kunst- und Jus-Studierenden aufzubauen und den interdisziplinären Dialog zu fördern. Die Studierenden beraten zu einer Vielzahl von Themen, von Urheberrecht bis zu vertragsrechtlichen Fragen, und knüpfen dabei wertvolle Kontakte in der Kunstszene. Die Clinic reflektiert nicht nur den Wandel im Kunstmarkt, sondern trägt auch zur Sensibilisierung für aktuelle juristische Herausforderungen im Kunstbereich bei.
Seit wann gibt es die Vienna Art Law Clinic und welche Geschichte verbirgt sich hinter der Gründungsidee?
Lukas: Die VALC wurde im Sommersemester 2022 als Projekt des Instituts für Innovation und Digitalisierung im Recht zusammen mit der Universität für angewandte Kunst Wien ins Leben gerufen. Das ursprüngliche Konzept stammt allerdings von der Universität Münster, dort existiert eine Clinic dieser Art schon seit mehreren Jahren und findet großen Zuspruch. Im Herbst 2022 wurde dann unser Student Board gegründet und seitdem arbeiten wir tatkräftig am Ausbau und der Weiterentwicklung der Clinic.
Die Gründungsidee war auf der einen Seite Studierenden der Rechtswissenschaften mehr Praxiserfahrung in einem Bereich zu ermöglichen, in dem es bis dato keine studentische Rechtsberatung gab und andererseits in den kulturellen und künstlerischen Hub Wiens einzutauchen. Die unzähligen Möglichkeiten die es im Kunst und Kulturbereich in Wien gibt sind eine wirkliche Besonderheit im DACH Raum, der sich viele nicht bewusst sind. Ein Austausch mit jungen Künstler*innen kann hier eine tolle Bereicherung außerhalb der juristischen Bubble sein.
Welches Ziel wird mit der Vienna Art Law Clinic verfolgt?
Fiona: Das Ziel ist in einem Nischenbereich erste Erfahrungen zu machen und sich vielleicht eine verborgene Begeisterung für Kunst zu entfachen. Wir wollen ein Netzwerk an Kunst- und Jus- Studierenden aufbauen und den Dialog zwischen diesen Universitäten auch über rechtliche Fragen hinaus stärken. Zusätzlich zu unserem Beratungsangebot organisieren wir auch regelmäßige Events in Kooperation mit Museen und Kunstsammlungen.
Die Vienna Art Law Clinic ist eine interessante Möglichkeit bereits im Studium Praxiserfahrung zu sammeln. Wie kann man teilnehmen? Braucht es Vorkenntnisse im Kunstrecht?
Lukas: Für die Teilnahme gibt es einen kleinen Bewerbungsprozess. Wenn dieser erfolgreich absolviert wurde, muss man verpflichtend an einem mehrtägigen Crashkurs teilnehmen und wird dann als Mitglied aufgenommen. Vorkenntnisse braucht es nicht, es wird aber empfohlen den Kurs zu einem Zeitpunkt zu absolvieren an dem man schon über einige fundamentale Kenntnisse des Immaterialgüterrechts und Zivilrecht verfügt.
Welche Rechtsgebiete verbergen sich hinter dem Begriff Kunstrecht?
Lukas: Kunstrecht ist grundsätzlich natürlich sehr stark von den Immaterialgüterrechten geprägt, das heißt Urheberrechte oder Markenrechte. Unsere Fälle behandeln allerdings alle verschiedenen Rechtsbereiche, beispielsweise auch im Persönlichkeits- oder Gewerberecht. Die Künstler*innen können grundsätzlich mit allen möglichen Anliegen an uns herantreten – und tun das auch. Wir sind oft erstaunt, mit welchen kreativen Ansätzen Künstler*innen ans Werk gehen und damit in manchen Fällen auch spannende Rechtsfragen produzieren. Momentan entscheiden wir noch auf einer fallbezogenen Basis, welche Anfrage wir in unserem Rahmen gut beantworten können, welche thematisch zu weit weg sind oder wo wir an anwaltliche Beratung weiterverweisen.
An welchen Fällen arbeiten die Studierenden?
Fiona: Uns erreichen wirklich eine Menge an diverser Anfragen. Es kann eine Frage zu einem Kunstwerk selber und dessen Zulässigkeit sein, Fragen zum rechtlichen Rahmen einer selbst organisierten Ausstellung oder Beschädigungen von Kunstwerken im Rahmen einer Leihe. Unlängst hatten wir auch eine Frage zu einer Förderung. Aber nicht nur künstlerische Anfragen landen auf unserem Tisch. Wir hatten auch schon eine vertragsrechtliche Frage im Zusammenhang mit dem Zugang zu einem Archiv, wo Studierenden im kunstnahen Bereich geforscht haben.
Was ist das spannendste Projekt, das Euch besonders in Erinnerung geblieben ist?
Lukas: Wir haben unlängst einen jungen Künstler im Bezug auf seine Förderungen für eine Ausstellung in Niederösterreich beraten. Im Januar diesen Jahres wird dieses Projekt umgesetzt und wir dürfen mit ein paar Mitglieder zu der Veranstaltung kommen. Eine besondere Erinnerung insofern, dass man ein direktes Ergebnis seiner Beratungsarbeit sieht. Das ist vor allem für Studierende eine coole Sache, da solche Erlebnisse im Studium doch eher selten sind.
Mit Jurist*innen werden oft viele Stereotypen verbunden. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Kunststudierenden? Gab es schon ein besonders einprägsames Aha Erlebnis?
Fiona: Ein Aha- Erlebnis als solches nicht, aber wenn man viel in der Jus Bubble unterwegs ist, vergisst man oft, wie stark unser Leben von Prüfungswochen geprägt ist und das es durchaus andere Studiengänge gibt, wo das nicht so ist.
Lukas: Tatsächlich ticken Kunst- und Jus-Studierende schon recht anders. Man muss sich aufeinander einstellen und versuchen die Arbeitsweise und Bedürfnisse des Gegenübers bestmöglich zu verstehen. Aber die Zusammenarbeit klappt bisher super, da beide Seiten wahnsinnig begeistert von dem Projekt sind. Natürlich stoßen wir auch ab und an auf einige Vorurteile gegenüber Jus-Student*innen, konnten stellenweise damit aber sogar aufräumen.
Wie hat Euch das bisherige Engagement in der Art Law Clinic geprägt?
Fiona: Es ist wirklich sehr spannend bei so einem Projekt von Tag 1 dabei zu sein. Man fühlt sich manchmal bisschen wie in einem Start Up. Zwar kommt das Konzept ja wie schon erwähnt aus Münster, unsere organisatorische Struktur ist allerdings etwas anders. Man lernt irrsinnig viel, bei dem Aufbau und wird immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt. Ich arbeite in meinem Aufgabenbereich der External Relations sehr viele mit unterschiedlichen Kooperationspartnern zusammen und pitche in Terminen immer wieder unser Projekt, was auch für das spätere berufliche Leben sehr hilfreich ist. Zusätzlich lernt man viele spannende aufstrebende Künstler*innen kennen und darf mit ihnen zusammenarbeiten.
Welche spannenden Entwicklungen gibt es aktuell im Kunstrecht?
Fiona: Wie immer tut sich sehr viel am Kunstmarkt. Neben dem großen Thema digitale Kunst, das schon seit mehreren Jahren aktuell ist, spürt man im Moment sehr stark wie große Kunsthändler ihre Monopolstellung am Markt ausbauen und kleine Galerien vermehrt darunter leiden und teilweise auch schließen müssen. Rechtlich ist es sehr schwierig diese Situation aufzugreifen und diese in einer Form zu regulieren. Da der Aufbau von neuen Künstlern oft durch kleine Galerien erfolgt und sie ab einem gewissen Bekanntheitsgrad von den großen abgeworben werden.
Ein großes Thema ist natürlich im Urheberrecht auch Kunst die „teilweise“ durch künstliche Intelligenz geschaffen wird. Es ist oft ganz spannend auf die AGB der jeweiligen Webseiten zu schauen und man trifft auf sehr fragwürdige Klauseln.
Wir bedanken uns für die spannenden Einblicke und wünschen weiterhin viel Erfolg.