Die Themen Start-up, Krypto und Kapitalmarkt rücken wieder stärker ins öffentliche Scheinwerferlicht. Brand aktuell, komplex und heiß diskutiert. Im Rahmen von regelmäßigen Gastbeiträgen sorgt der Wiener Rechtsanwalt Dr. Georges Leser für kritische Denkanstöße und rechtlichen Durchblick in der Krypto- und Finanzwelt.
FTX war bis letzte Woche einer der größten Handelsplätze der Welt für Kryptowährungen. Aufgrund von Überschuldung und Liquiditätsproblemen sowie der gescheiterten Übernahme durch den Konkurrenten Binance musste FTX letztendlich in Delaware einen Antrag für ein nach dem US-Insolvenzrecht geregeltes Sanierungsverfahren (nach Chapter 11) einbringen.
Hintergrund waren verdächtige Finanzströme zwischen Almeda Research, eine von Sam Bankman-Fried (Ex-CEO von FTX) geführte quantitative Krypto-Handelsplattform, und FTX. In weiterer Folge hat Changpeng Zhao, CEO des Konkurrenten Binance, seine Position im FTT token von FTX liquidiert und dies öffentlich via Twitter bekannt gegeben.
Mittlerweile wurde laut Medien eine Sammelklage gegen Sam Bankman-Fried und Werbeträger von FTX in Miami eingebracht. Der Vorwurf besteht uA darin, dass Kryptowährungskonten wegen fehlender Lizenz in den USA nicht verkauft werden hätten dürfen.
Fehlende Konzessionen in Zusammenhang mit Dienstleistungen mit Kryptowährungen sind und werden auch in Österreich und Europa ein wesentlicher Anknüpfungspunkt bei Krypto-Klagen sein. Das jeweilige Geschäftsmodell würde dabei auf die entsprechenden finanzaufsichtsrechtlichen Konzessionsbedingungen (BWG, WAG, ZaDIG, etc) geprüft werden. Weiters müssen die entsprechenden Dokumentationen auf ihre Richtigkeit sowie Verständlichkeit bei Kleinanlegern geprüft werden.
Problematisch ist oftmals hingegen, das jeweilige Unternehmen bzw die dahinter agierenden natürlichen Personen im Ausland ausfindig zu machen. Im Falle einer Insolvenz des Unternehmens stellt sich darüber hinaus die Frage, inwieweit ein allenfalls gewonnener Zahlungsanspruch durchgesetzt werden kann. Üblicherweise werden in solchen Fällen Organhaftungsansprüche gegen Vorstand und Aufsichtsrat geltend gemacht. In den USA wird im gegenständlichen Fall offenbar versucht, über vermögende Werbeträger einen entsprechenden Haftungsfonds zu schaffen. In Österreich wäre dies wohl problematisch, sofern dem jeweilige Werbeträger keine Kenntnis an entsprechend rechtswidrigen Handlungen des Unternehmens nachgewiesen werden kann.