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Mittwoch, 02.10.2024

Die fünf häufigsten Ängste am Arbeitsplatz und wie man sie überwindet

Ängste am Arbeitsplatz – viele Menschen kennen dieses Problem und waren zumindest schon einmal davon betroffen. Ob durch hohen Leistungsdruck, Konflikte mit Kolleg:innen oder durch das tägliche Spiel die Balance zwischen Beruf und Privatleben nicht zu verlieren – berufliche Ängste können sich auf unsere mentale Gesundheit und unsere Leistungsfähigkeit auswirken.

Psychotherapeutin Mag. Lisa Billisich erläutert die häufigsten Ängste am Arbeitsplatz und gibt wertvolle Tipps, wie man sie bewältigen kann.

1. Angst vor Versagen – Leistungsdruck und hohe Erwartungen

Einer der häufigsten Stressfaktoren im Beruf ist hoher Leistungsdruck. Viele Arbeitende fühlen sich durch die Erwartungen ihrer Vorgesetzten oder Kolleg:innen, insbesondere aber auch durch die eigenen Erwartungshaltungen überfordert. Die Sorge, nicht gut genug zu sein, wichtige Deadlines zu verpassen oder Projekte nicht erfolgreich abzuschließen, ist oftmals präsent.

Mag. Billisich erklärt, dass hinter der Angst vor Versagen oft ein tief verankerter Perfektionismus steht. „Menschen neigen dazu, sich an unrealistisch hohen Standards zu messen. Ständige Selbstzweifel können dazu führen, dass man sich selbst sabotiert“, sagt sie.

Lösungsansatz/Tipp: Die Realität ist: Fehler passieren. Statt sie zu fürchten, sollte man sie als Lernmöglichkeiten betrachten. Feedback von Kolleg:innen und Vorgesetzten hilft dabei, den eigenen Arbeitsstil zu verbessern. Außerdem ist es wichtig, realistische Ziele zu setzen und Erfolge – auch kleine – zu feiern. Eine Möglichkeit, diesen Kreislauf zu durchbrechen, besteht darin, Aufgaben in kleinere, überschaubare Schritte zu unterteilen.

2. Angst durch das Imposter-Syndrom – „Ich bin nicht gut genug“

Das Imposter-Syndrom beschreibt das unangenehme Gefühl, ein Hochstapler zu sein und dass andere früher oder später erkennen werden, dass man den Anforderungen nicht gewachsen ist. Diese Angst betrifft besonders leistungsstarke Personen, die sich selbst als „zu gut bewertet“ wahrnehmen.

Laut Mag. Billisich tritt das Imposter-Syndrom häufig bei Menschen auf, die sich selbst stark hinterfragen und glauben, ihre Erfolge seien nur das Resultat von Glück oder äußeren Umständen. „Dieses Syndrom ist vor allem in leistungsorientierten Umfeldern verbreitet, wo der Vergleich mit anderen allgegenwärtig ist“, erklärt sie.

Lösungsansatz/Tipp: Der erste Schritt, um das Imposter-Syndrom zu überwinden, ist, die eigenen Leistungen anzuerkennen. Hilfreich kann es sein, eine Liste der beruflichen Erfolge zu führen und regelmäßig darauf zurückzublicken. Außerdem ist es gut, sich mit anderen über diese Gefühle auszutauschen. Oft stellt man fest, dass viele Kolleg:innen ähnliche Erfahrungen machen.

3. Angst vor dem öffentlichen Sprechen – „Sich Bloßstellen“

Ob ein Vortrag vor dem Team oder eine Präsentation vor einer größeren Gruppe – das Sprechen vor anderen Personen ist eine der häufigsten Ängste im Berufsleben. Viele haben Angst, sich zu blamieren, Fehler zu machen oder nicht überzeugend genug zu sein.

Mag. Billisich betont, dass diese Angst tief in der menschlichen Natur verankert ist. „Unsere soziale Stellung war in der Vergangenheit überlebenswichtig. Auch heute noch fürchten wir, durch Fehltritte oder Unsicherheiten unser Ansehen zu verlieren“, erklärt sie.

Lösungsansatz/Tipp: Der Schlüssel liegt in der Vorbereitung. Je besser man sich auf eine Präsentation vorbereitet, desto sicherer fühlt man sich. Mag. Billisich empfiehlt auch Entspannungstechniken wie Atemübungen oder Meditation, um die Nervosität zu reduzieren. Ebenfalls kann man durch regelmäßiges Üben, beispielsweise vor Freund:innen, mehr Selbstsicherheit aufbauen.

4. Angst, keine Grenze zwischen Arbeit und Privatleben ziehen zu können -„Abschalten“

In unserer stark vernetzten und mediengesteuerten Welt, ist es für viele schwierig, nach der Arbeit abzuschalten. Ständige Erreichbarkeit, Emails und berufliche Nachrichten außerhalb der Arbeitszeiten machen es schwer, gesunde Grenzen zu setzen. Dies kann zu permanenter Erschöpfung und einem Burnout führen.

„Die Balance zwischen Arbeit und Privatleben ist essenziell für unsere mentale Gesundheit“, sagt Mag. Billisich „Viele Menschen vernachlässigen jedoch ihre eigenen Bedürfnisse, weil sie den Erwartungen anderer gerecht werden wollen.“

Lösungsansatz/Tipp: Empfehlenswert sind klare Kommunikationsregeln: Es macht Sinn mit dem Arbeitgeber über Grenzen und geregelte Zeiten, in denen man nicht erreichbar sein möchte zu sprechen. Bewusste Pausen sowie Zeit nach der Arbeit für Hobbys und Entspannung sind wichtig um Abschalten zu können. Techniken wie das Einrichten von „Offline-Zeiten“ und gezieltes Zeitmanagement können helfen, den beruflichen Stress zu minimieren.

5. Angst vor Konflikten oder Ablehnung

Viele Menschen haben Angst vor Konflikten im beruflichen Umfeld. Sei es mit Vorgesetzten, Kolleg:innen oder Kund:innen– die Sorge, durch Meinungsverschiedenheiten negativ aufzufallen oder abgelehnt zu werden, ist groß. Diese Angst führt oft dazu, dass Probleme unter den Teppich gekehrt werden, was langfristig jedoch die Arbeitsatmosphäre verschlechtern kann.

Mag. Billisich erklärt: „Konfliktvermeidung entsteht oft aus dem Wunsch heraus, Harmonie zu wahren und nicht anzuecken. Das Problem ist, dass ungelöste Konflikte mit der Zeit wachsen und für noch mehr Stress sorgen.“

Lösungsansatz/Tipp: Ein offener und respektvoller Kommunikationsstil kann helfen, Konflikte frühzeitig zu lösen. Dies gelingt durch das klare Ansprechen von Problemen ohne Vorwürfe zu machen. Es ist wichtig auch die Perspektive des anderen zu verstehen und an einer gemeinsamen Lösung zu arbeiten. Trainings für gewaltfreie Kommunikation oder Mediationstechniken können hier wertvolle Tools sein.

Hilfreiche Ressourcen:

Bücher:

  • „Die Kunst, sich nicht selbst im Weg zu stehen“ von Stefan Woinoff

  • „The Imposter Cure“ von Dr. Jessamy Hibberd

Podcasts:

  • "Mindful Minutes" – In diesem Podcast geht es um Achtsamkeit im Berufsalltag. Es gibt Episoden, die speziell Ängste und Stress am Arbeitsplatz behandeln und Strategien anbieten, um damit umzugehen.

  • „Arbeitsphilosophen“ – Dieser Podcast setzt sich mit den Herausforderungen der modernen Arbeitswelt auseinander. In einigen Folgen wird thematisiert, wie Ängste, Druck und Überforderung im Job bewältigt werden können.

Mag. Lisa Billisich
Mag. Lisa Billisich
Psychotherapeutin
Lisa Billisich ist als als Psychotherapeutin für Systemische Therapie in freier Praxis tätig. Sie unterstützt ihre Klient:innen dabei, mit Herausforderungen besser umzugehen und positive Veränderungen in ihrem Leben zu bewirken. Mit einem lösungsorientierten Ansatz begleitet sie Menschen durch schwierige Zeiten, insbesondere auch im Umgang mit Ängsten im Kontext von Schule, Studium und Beruf. Mehr Informationen findest du unter: www.psychotherapie-lb.at