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Freitag, 21.03.2025

Buwog-Prozess geht in die letzte Instanz

​Der Buwog-Prozess zählt zu den bedeutendsten Korruptionsverfahren in der österreichischen Justizgeschichte. Im Mittelpunkt steht die Privatisierung von rund 60.000 Bundeswohnungen im Jahr 2004, darunter die der Bundeswohngesellschaft Buwog ( eine staatliche Gesellschaft, die günstigen Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten bereitstellen sollte), während der Amtszeit des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser. Der Verkauf erfolgte für 961,2 Millionen Euro an ein Konsortium bestehend aus der Immofinanz, der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und der Wiener Städtischen Versicherung. Auffällig war, dass dieses Konsortium das Angebot des Mitbewerbers CA Immo um lediglich 1,19 Millionen Euro überbot.

Im Zuge der Ermittlungen stellte sich heraus, dass die siegreiche Immofinanz eine Provision von 9,61 Millionen Euro (entspricht einem Prozent des Kaufpreises) an den Lobbyisten Peter Hochegger zahlte. Der Verdacht erhärtete sich, dass Insiderinformationen weitergegeben wurden, um dem Konsortium einen Vorteil zu verschaffen. Dies führte zu Anklagen wegen Untreue und Bestechlichkeit gegen Grasser und weitere Beteiligte.

Nach umfangreichen Ermittlungen und einem langwierigen Prozess wurden im Dezember 2020 die Urteile verkündet: Grasser wurde zu acht Jahren Haft verurteilt, Walter Meischberger erhielt sieben Jahre und Peter Hochegger sechs Jahre. Diese Urteile sind jedoch nicht rechtskräftig, da die Angeklagten Berufung und Nichtigkeitsbeschwerden einlegten.

Die Schlüsselfiguren im Korruptionsprozess

Karl-Heinz Grasser:

  • Rolle: Ehemaliger Finanzminister Österreichs, der für die Privatisierung der Buwog-Wohnungen verantwortlich war.

  • Vorwurf: Grasser wird vorgeworfen, Insiderinformationen an Vertraute und die Immofinanz weitergegeben zu haben, um den Zuschlag für den Kauf zu sichern. Als Gegenleistung sollen Provisionen geflossen sein.

  • Verurteilung: In erster Instanz zu acht Jahren Haft verurteilt, die Entscheidung ist jedoch noch nicht rechtskräftig.

Walter Meischberger:

  • Rolle: Lobbyist und Geschäftspartner von Peter Hochegger, der die Immofinanz beraten hat.

  • Vorwurf: Meischberger soll die Insiderinformationen von Grasser erhalten und an die Immofinanz weitergegeben haben. Er bestreitet jedoch, dass seine Empfehlung auf einem Tipp Grassers basierte.

  • Verurteilung: In erster Instanz zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Peter Hochegger:

  • Rolle: Lobbyist und Geschäftspartner von Meischberger. Er hat im Prozess ein Teilgeständnis abgelegt und Grasser belastet.

  • Vorwurf: Hochegger soll die Provisionen von der Immofinanz erhalten und einen Teil an Meischberger weitergeleitet haben, der wiederum Geld an Grasser weitergegeben haben soll.

  • Verurteilung: In erster Instanz zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Wie alles begann – Der Buwog-Skandal im Zeitverlauf

2000: Karl-Heinz Grasser wird Finanzminister in der schwarz-blauen Regierung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP). Ernst Karl Plech, ein Wiener Immobilienmakler mit Verbindungen zur FPÖ, wird Aufsichtsratspräsident der Buwog. Grasser kündigt den Verkauf von etwa 60.000 Bundeswohnungen an.

2002: Die US-Investmentbank Lehman Brothers erhält den Auftrag zur Durchführung der Privatisierung der Bundeswohnungen und erhält dafür 10,6 Millionen Euro.

2003: Der Nationalrat genehmigt den Verkauf der Wohnungen, die "bestmöglich" veräußert werden sollen.

2004: Die Privatisierung der Buwog-Wohnungen wird durchgeführt. Die Immofinanz erhält den Zuschlag für den Kauf, nachdem sie nur geringfügig mehr als die CA Immo geboten hat. Verkauf des Bundeswohnbaugesellschaften (Buwog) um 961 Millionen Euro, anderer Bieter hatte 960 Millionen geboten.

2007: Rechnungshof: Buwog wurde zu billig verkauft.

2009: Die Affäre kommt durch Zufall ans Licht, als bei Ermittlungen zur Pleite der Constantia Privatbank ungewöhnliche Provisionszahlungen an Peter Hochegger und Walter Meischberger entdeckt werden.

2010: Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beginnen.

2016: Die WKStA fertigt die Anklageschrift aus. Anklage gegen Grasser und weitere Personen wegen Korruptionsverdachts in Causa.

2017: Der Buwog-Prozess beginnt.

2020: Acht Angeklagte, darunter Karl-Heinz Grasser, werden zu Haftstrafen verurteilt. Die Urteile sind jedoch noch nicht rechtskräftig.

2025: Der Oberste Gerichtshof (OGH) verhandelt in letzter Instanz über die Berufungen der Angeklagten.

Finale Runde vor dem Obersten Gerichtshof

Nach Jahren der Ermittlungen, Anklagen und Urteile erreicht der Buwog-Prozess nun seine letzte Instanz. Im Mittelpunkt steht das Berufungsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof (OGH), in dem über die Schuldsprüche gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und mehrere Mitangeklagte endgültig entschieden wird.

Die Urteile aus erster Instanz – unter anderem acht Jahre Haft für Grasser – wurden von den Angeklagten bekämpft. Der OGH prüft derzeit nicht nur die rechtlichen Argumente der Verteidigung, sondern auch die Stellungnahme der Generalprokuratur. Diese hat empfohlen, die Schuldsprüche wegen Untreue zu bestätigen – ein deutliches Signal in Richtung Urteilserhalt.

In einer öffentlichen Verhandlung wurden die Positionen der Parteien erörtert, nun wird mit Spannung auf die Entscheidung des Gerichts gewartet. Diese wird endgültig klären, ob die Verurteilungen rechtskräftig werden – oder ob Teile des Verfahrens neu aufgerollt werden müssen.

Für Österreich wäre es der Abschluss eines der aufsehenerregendsten Korruptionsprozesse der Zweiten Republik.

LawFinder Redaktion
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