Von der ÖVP nominierte Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses beantragen beim VfGH, festzustellen, dass die Justizministerin zwei ergänzenden Beweisanforderungen dieses Untersuchungsausschusses unverzüglich nachzukommen und die Ergebnisse der Beweiserhebungen dem Untersuchungsausschuss vollständig vorzulegen hat. Es geht um die Vorlage elektronischer Kommunikation, die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Zuge ihrer Ermittlungen in der sogenannten Ibiza-Affäre sichergestellt worden ist. Dabei handelt es sich um Chats zwischen dem früheren Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid einerseits sowie im Antrag näher genannten Personen mit einem Naheverhältnis zur SPÖ oder FPÖ andererseits.
Die Justizministerin begründet die bisherige Verzögerung bei der Auswertung der elektronischen Nachrichten damit, dass es wegen des enormen Umfangs der auszuwertenden Daten nicht möglich sei, allen an das Bundesministerium gerichteten Beweisanforderungen gleichzeitig zu entsprechen. Beide Beweisanforderungen seien aus diesem Grund nach wie vor Gegenstand eines Konsultationsverfahrens, um die Tätigkeiten des Untersuchungsausschusses und der Staatsanwaltschaften zu koordinieren. Die antragstellenden Abgeordneten sehen darin jedoch keine ausreichende Begründung für die Nichterfüllung dieser Beweisanforderungen.
(UA 1/2022, UA 2/2022)
Am 25. Mai dieses Jahres hatten die Mitglieder der ÖVP-Fraktion im Untersuchungsausschuss beantragt, dem Untersuchungsausschuss die gesamte schriftliche und elektronische Kommunikation innerhalb der WKStA, soweit sie mit dem Untersuchungsgegenstand zusammenhängt (und dem Ausschuss nicht bereits vorliegt), zu übermitteln. Der Untersuchungsausschuss lehnte dieses Verlangen am selben Tag mit Beschluss ab; die Mehrheit der Ausschussmitglieder war insbesondere der Ansicht, dass dieses Verlangen in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Gegenstand des Untersuchungsausschusses stehe.
In derselben Sitzung erklärte der Untersuchungsausschuss auch das Verlangen der ÖVP-Ausschussmitglieder für unzulässig, ihm eine vollständige Kopie des lokal wie serverseitig erfassten Datenbestandes des „Usermail“-Accounts der WKStA, insbesondere E-Mails mit Bezug auf vorgesetzte Dienststellen, vorzulegen.
Die Mitglieder der ÖVP-Fraktion halten beide Beschlüsse für rechtswidrig; insbesondere sei die Ausschussmehrheit ihrer Verpflichtung zur Begründung ihrer ablehnenden Beschlüsse nicht ausreichend nachgekommen.
(UA 3/2022, UA 4/2022)
Quelle: www.vfgh.gv.at