Der Nationalrat ist am 17. April 2024 zu einer Sitzung zusammengetreten und hat unter anderem die Themen Leerstandsabgaben für Wohnungen, Tempo 30-Beschränkungen in Gemeinden, den Handwerkerbonus 2024, die Ausbildung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die Lehrerausbildung und weitere spannende Themen behandelt.
Kurzzusammenfassung der Beschlüsse:
Die Bundesländer sollen künftig selbst über Art und Umfang einer Leerstandsabgabe entscheiden können, damit "Nicht- oder Mindernutzung" von Wohnraum vermieden wird und mehr Wohnungen auf den Markt kommen. Auch Zweitwohnsitze fallen darunter.
Gemeinden können künftig einfacher Tempo 30-Beschränkungen verordnen. Das gilt vor allem im Umfeld von Schulen, Kindergärten oder Krankenhäusern. Die Initiative zu diesem Gesetzesbeschluss war von den Gemeinden selbst gekommen, die mehr Flexibilität wollten. Bisher konnten entsprechende Temporeduktionen zwar verordnet werden, aber nur mit einigem bürokratischen Aufwand wie dem Erstellen eines Gutachtens.
Der Handwerkerbonus soll für die Jahre 2024 und 2025 wieder aufgelegt werden. Das ist Teil des Bau- und Wohnpakets der Bundesregierung. Damit sollen Arbeitsleistungen von Handwerksfachbetrieben für den privaten Wohn- und Lebensbereich im Inland pro Jahr mit 20 % bis zu 2.000 € (von Kosten bis maximal 10.000 €) unterstützt werden.
Die Ausbildung zu Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten wird auf neue Beine gestellt. Vorgesehen ist die Einrichtung eines zweijährigen Masterstudiengangs mit 500 Studienplätzen ab dem Jahr 2026. Anbieten können die neue akademische Ausbildung Universitäten und Fachhochschulen. Zulassungsvoraussetzung für das neue Masterstudium wird ein fachlich einschlägiges Bachelorstudium oder die Berechtigung zur Ausübung bestimmter Berufe sein.
Die Lehrausbildung wird neu konzipiert und an das Bologna-Konzept angepasst. Das Bachelorstudium soll drei, das Masterstudium zwei Jahre dauern. Für die Primarstufe (Volksschulen) soll das ab 2025/26, für das Lehramtsstudium der Mittelschulen, allgemeinbildende höhere Schulen, polytechnische Schulen und mittlere und höhere berufsbildende Schulen ab 2026/27 gelten.
Österreich tritt dem Internationalen Impfstoffinstitut bei. Es wurde 1997 auf Betreiben der UNO zum Zweck der Verbesserung der weltweiten öffentlichen Gesundheit gegründet. Der Hauptsitz ist im südkoreanischen Seoul, europäische Büros gibt es in Stockholm und Wien. Österreichs jährlicher Mitgliedsbeitrag beträgt rund 800.000 €.
Mit der Wiederauflage des Handwerkerbonus hat der Nationalrat nun auch den letzten Teil des von der Regierung im Februar vorgestellten Bau- und Wohnpakets beschlossen. Neben den Koalitionsparteien stimmten auch SPÖ und FPÖ dafür, Arbeitsleistungen von Fachbetrieben für den privaten Wohn- und Lebensbereich rückwirkend ab Anfang März 2024 bis Ende 2025 von staatlicher Seite mit 20 % zu fördern. Der maximale Förderbetrag wurde mit 2.000 € für das Jahr 2024 und 1.500 € für das Jahr 2025 festgelegt, die Untergrenze sind 50 €. Insgesamt will die Regierung für die Maßnahme 300 Mio. € in die Hand nehmen. SPÖ und FPÖ kritisieren, dass der Bonus voraussichtlich nur online beantragt werden kann, die NEOS lehnten ihn als "Wahlgeschenk" grundsätzlich ab.
Durch eine verfassungsrechtliche Kompetenzänderung können die Länder darüber hinaus künftig alleine über Art und Umfang von Leerstands- und Zweitwohnsitzabgaben entscheiden. Skeptisch sehen das FPÖ und NEOS: In ihren Augen handelt es sich bei Leerstandsabgaben um eine Vermögensteuer.
Neukonzeption von Lehramtsstudien, Tempobeschränkungen im Ortsgebiet
Auch für zahlreiche weitere Gesetzesvorhaben hat der Nationalrat im April-Plenum grünes Licht gegeben. Das betrifft etwa die Neustrukturierung und teilweise Verkürzung der Lehrer:innenausbildung samt einer Modernisierung der Studieninhalte, weitere Erleichterungen für den Quereinstieg in den Lehrerberuf, die Zulassung von Aufnahmeverfahren für besonders stark nachgefragte Masterstudien und "reservierte" Studienplätze für angehende Amtstierärzt:innen. Außerdem wird Gemeinden mit der 35. StVO-Novelle die Verordnung von Tempo-30-Beschränkungen vor Schulen, Kindergärten, Seniorenheimen, Krankenhäusern und ähnlichen Einrichtungen erleichtert. Gleiches gilt für Geschwindigkeitskontrollen mittels fixer Radarboxen.
Ein neues Psychotherapiegesetz sieht unter anderem vor, die Ausbildung von Psychotherapeut:innen auf neue Beine zu stellen. Ab dem Jahr 2026 wird ein entsprechendes Masterstudium an öffentlichen Universitäten angeboten. Zudem haben die Abgeordneten Nachbesserungen beim Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz und beim Waldfondsgesetz vorgenommen und kleinere Änderungen im Sozialversicherungsrecht beschlossen. So wird es künftig etwa nicht mehr möglich sein, gleichzeitig eine Pension und Rehabilitationgsgeld zu beziehen. Eine Novelle zum Bundesministeriengesetz schafft die rechtliche Grundlage für die Übertragung der Digitalisierungsagenden an Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm.
Internationale Abkommen, Entschließungen
Abseits der Gesetzesbeschlüsse hat der Nationalrat darüber hinaus ein Sozialabkommen zwischen Österreich und Japan, ein Protokoll zur Änderung des OPEC-Amtssitzabkommens sowie den Beitritt Österreichs zum Internationalen Impfstoffinstitut (IVI) genehmigt. Zudem spricht er sich in Form von Entschließungen unter anderem für eine internationale Regulierung KI-gestützter Waffensysteme und die Erstellung einer Studie zur Situation sogenannter "Care Leaver" aus. Dabei handelt es sich um junge Menschen, die einen Teil ihres Lebens in öffentlicher Betreuung – zum Beispiel in Wohngruppen der Kinder- und Jugendhilfe oder in Pflegefamilien – verbracht haben und denen mit Erreichen des 18. Lebensjahrs der Verlust bisheriger Unterstützungsmaßnahmen droht.
Keine Mehrheit für Anträge der Opposition
Auf Basis von Regierungsberichten berieten die Abgeordneten über aktuelle außenpolitische Fragen sowie über Diskriminierungserfahrungen von LGBTIQ-Personen, die sich vielfach auch auf die Gesundheit der Betroffenen niederschlagen. Zudem stand ein Dringlicher Antrag der FPÖ zur Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe zur Diskussion. Die Initiative fand allerdings ebenso wenig eine Mehrheit wie die Forderung der SPÖ, sämtliche Mieten – inklusive Geschäftsraummieten – bis Ende 2026 einzufrieren. Die NEOS blieben unter anderem mit dem Anliegen, die Zweckbindung bei der Wohnbauförderung wieder einzuführen, in der Minderheit.
Thema der Aktuellen Stunde war die erfolgte Neuaufstellung des Staatsschutzes, wobei sich ÖVP und FPÖ einen Schlagabtausch in Bezug auf die Verantwortung für die aktuelle Spionageaffäre lieferten.
Quellen: www.parlament.gv.at | Facebookseite des Österreichischen Parlaments